Wir erinnern an Hugo Reist anläßlich seines 100. Geburtstags

Hugo Reist, Leiter und Präsident des Landesvermessungsamtes Baden-Württemberg in Stuttgart von 1961 bis 1971, war einer der maßgeblichen Gründungsväter der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik (AdV). Er wurde am 8. 4. 1907 in Schwäbisch Gmünd geboren und verstarb am 20.12. 1999 in Ellwangen/Jagst - sein 100. Geburtsjahr vollendet sich in diesen Tagen.

Seiner zu gedenken ist ein vermessungsgeschichtliches Anliegen weit über sein langes Wirken in Baden-Württemberg hinaus. Hugo Reist gehörte zu den Persönlichkeiten, die nach dem zweiten Weltkrieg das amtliche deutsche Vermessungswesen neu aufgebaut und wesentlich mitgestaltet haben.

Studium der Geodäsie an der TH in Stuttgart, Große Staatsprüfung 1934, Überlegungen für ein Wirken in der Stadtvermessung, Tätigkeit in oberen und obersten Landesbehörden in Baden-Württemberg kennzeichnen seinen Lebensweg bis hin zur Spitzenstellung als Präsident des Landesvermessungsamtes.

Die Situation im deutschen Vermessungswesen nach dem zweiten Weltkrieg war beklemmend. Reist selbst zitiert aus dem von ihm als Testament bezeichneten Manuskriptdruck von Albert Pfitzer (1882 – 1948) „Vermessungswirklichkeit und Vermessungshilfen“ (Berlin 1948) über „das Trümmerfeld des amtlichen Vermessungsdienstes“: Verlust an Grundmaterial und Instrumenten, Notdächern über Ruinen dienstlicher Behausungen, überall Zeichen des Unheils, die der totale Krieg und der totalen Niederlage folgten. -

Am Anfang eines Neubeginns stand die interzonale Geodätentagung 1947 in Berlin, auf die wir hier näher im September dieses Jahres eingehen wollen.

1948 – Deutschland war in Besatzungszonen eingeteilt. Der Deutsche Verein für Vermessungswesen konstituierte sich für die britische Zone am 29. April 1948 in Hannover. Die aus Süddeutschland angereisten Vertreter fuhren noch am gleichen Abend mit dem Nachtschnellzug gen Süden,  Friedrich Kurandt, Max Kneissl und Hugo Reist – in „gedrückter Stimmung“ wie Reist 1968 bei der 20-Jahr-Feier der AdV sagte, und: „Gefragt war ein Konzept des ganzen, nicht immer mit nüchternem Blick für das Erreichbare“. Man verabredete, eine Zusammenkunft der Vermessungsverwaltungen der amerikanischen Zone in Stuttgart zu organisieren, aus Bayern (durch Kneissl) sollte eine schriftliche Anregung kommen – Reist erhoffte, am ehesten ministerielle Einladungen nach Stuttgart zu erreichen. Kurandt war damals 56 Jahre alt, Kneissl und Reist 15 Jahre jünger. So kam es zur Gründungsversammlung der AdV im Herbst 1948 (ausführlich wollen wir daran im kommenden Jahr erinnern). Über die denkwürdigen wirtschaftlichen Umstände am Rande der Gründungsversammlung 1948 hat der Präsident des Landesvermessungsamtes Hansjörg Schönherr (und Mitglied im Förderkreis) 2004 berichtet – vergl. unsere Mitteilung Nr. 61.

Zum Kern des beruflichen Wirkens von  Hugo Reist gehörte der Wiederaufbau der staatlichen Vermessungsverwaltung in Baden-Württemberg, die wesentlichen Perspektiven der technischen Modernisierung fallen in seine Zeit. Er erreichte 1961 für Baden-Württemberg eines der ersten modernen Vermessungsgesetze der Bundesrepublik. Auf seine Initiative entstand eine vollständige Bibliographie des württembergischen Vermessungswesens 1818-1968. Hansjörg Schönherr schrieb in seinem Nachruf 2000: „Sein berufliches Werk sehen wir mit größtem Respekt und mit größter Hochachtung. Diesem Werk wie dem Menschen Hugo Reist gilt unsere Erinnerung und unser gutes Gedenken.“

Literaturauswahl: Hugo Reist: Zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen, ZfV 1969 S. 1-5; Gerhard Hampel: Präsident a.D. Hugo Reist 70 Jahre alt, ZfV 1977 S. 188-189; Hans Vetter: Präsident Reist – 90 Jahre alt, ZfV 1997 S. 245; Hansjörg Schönherr: Präsident a.D. Hugo Reist gestorben, ZfV 2000 S. 145.