Barcelona und die Suche nach dem Urmeter

Nordöstlich der katalanischen Metropole Barcelona grüßt aus über 500 m Höhe die Kirche Sagrat Cor auf dem Tibidabo mit der weit in die Landschaft segenspendenden Christus-Figur, unübersehbar überall in Barcelona.

Ebenso ein benachbarter Fernsehturm, 1992 für die Olympischen Spiele erbaut. Ein dort gelegener Vergnügungspark lockt zahlreiche Touristen. Der Tibidabo ist der Hausberg von Barcelona, Teil der Collserola-Bergkette. Gegenüber, direkt am Mittelmeer, nahe dem Zentrum von Barcelona liegt die alte Festung Montjuic, benachbart zu den Hafenanlagen und zur malerischen Altstadt Barceloneta.

Vor über 200 Jahren haben hier die französischen Geodäten Pierre Francois André Méchain und Jean-Joseph Tranchot trianguliert, unter schwierigsten Bedingungen, im Kriegsgeschehen zwischen Frankreich und Spanien, Unbilden des Wetters und schroffen Gebirgslandschaften. Ihr Ziel, den südlichen Teil der Dreieckskette von Dünkirchen im Meridian von Paris bis nach Spanien zu vermessen, als Grundlage für ein neues „Naturmaß“, dem Urmeter als 10.000.000 Teil der Meridianlänge vom Pol zum Äquator. Auf der Festung Montjuic beobachtete Mechain präzise astronomische Breitenmessungen – und mußte dort später einen Fehler in seinen Dreiecks- und Breitenbeobachtungen feststellen, den er nicht aufzuklären vermochte, woran er fast zerbrach. –  Terra X hat das Geschehen um jene bahnbrechende und  abenteuerliche Gradmessung 2010 verfilmt und mehrfach wiederholt (zuletzt am 27. 02. 2011 im ZDF):  „Die Suche nach dem Urmeter“, Wissenschaftlich beraten von dem über Wissenschaftsgeschichte promovierten amerikanischen Physiker Ken Alder – siehe dazu ausführlich unsere Mitt. Nr. 353.

Ihr Redakteur hat kürzlich die Festung Montjuic und ebenso den Tibidabo  besuchen können. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Fernsehturm befindet sich auf einem herausragenden Felsen ein Geodätischer Punkt, wohl Valvidera in der Netzskizze der alten Gradmessung (siehe S. 58 bei Ken Alder). Dieser Punkt wie ebenso die Festung Montjuic erinnert an das für die Meterdefinition so bahnbrechende Geschehen vor über 200 Jahren.

Die Dreieckskette von Dünkirchen bis Barcelona, begonnen 1792,  war 1798 fertiggestellt. Den nördlichen Teil hatte Jean-Baptiste-Joseph Delambre vermessen, den südlichen Méchain. Die Gesamtlänge der Gradmessung Dünkirchen – Barcelona umfaßte einen Breitenunterschied von rd. 9 Grad 40 Min.  1799 wurde das Metermaß als Längeneinheit zunächst in Frankreich vorläufig eingeführt und mit dem „Archivmeter“ aus Platin in Paris gesichert.

Literatur: Ken Alder