Erinnerungen an die Gradmessung in Peru

Der wissenschaftliche Disput über die Figur der Erde – ob an den Polen abgeplattet (Newton) oder zugespitzt (Cassini) – führte Mitte des 18. Jahrhunderts zu den beiden großen Gradmessungs-Expeditionen nach Lappland und Peru, veranlaßt von der französischen Akademie der Wissenschaften in Paris.

Pierre Bouger (1698 – 1758), Charles Marie de la Condamine (1701 – 1774)  und Louis Godin (1704 – 1760) begannen 1735 mit den großräumigen Winkelmessungen in den Anden und der Basismessung nahe Quito im damaligen Peru (heute Ecuador).

Professor Dr. Günter Seeber aus Hannover besuchte historische Stätten der damaligen  wissenschaftlichen Arbeiten, wie er dem  Autor dieser Zeilen erzählte. Die damaligen Vermessungen bedeuteten für die Akteure eine große Herausforderung über 9 Jahre von 1735 bis 1744.  Die Basisendpunkte waren Pyramiden. Erinnerungstafeln kündeten von den „großartigen Leistungen“ der Wissenschaftler und der spanischen Begleiter. Die Pyramiden mußten damals wegen Streitigkeiten über die Inschrift abgebaut werden. Eine wiedergefundene Tafel fand man vor einiger Zeit als Bodenplatte in einer Mühle. Ein Gedenkstein mit dieser Tafel steht im Garten  der historischen Sternwarte in Quito. Dort ist eine Inschrift heute auf einer Plexiglasplatte über der Tafel  lesbar angebracht:

  • A  LA  MEMORIA  DEL  SABIO  ECUAIORIANO  PEDRO  VICENTE  MALDONADO,  QUE  COLABORO  CON  LOS  ACADIMICOS  DEL  SIGLO XVIII 1704 – 1748.  (Zur Erinnerung an den äquatorianischen Gelehrten Pedro Vicente Maldonado, der mit den Wissenschaftlern des 18. Jh. zusammengearbeitet hat (1704 – 1748).

In der heutigen Millionenstadt Quito, der Hauptstadt von Ecuador,  befindet sich auch das alte 1873 - 1892 nach dem Modell der Bonner Sternwarte erbaute Observatorium. Im dortigen kleinen Museum ist u.a. der originale Reisebericht von La Condamine über die Gradmessungen ausgestellt. Am Äquatordenkmal „Mitad del Mundo“, etwa 30 km von Quito entfernt, liegt die  „Ehrenallee“ mit Büsten der beteiligten Wissenschaftler an der historischen Expedition zur Bestimmung der Erdfigur und von deren spanischen Begleitern.  Der Verlauf des Äquators ist auf dem Boden durch eine gelbe Linie gekennzeichnet. Für die Touristen – auch ehemalige Geodäsie-Professoren stellen sich gerne darauf, wohl wissend, daß der echte Äquator irgendwo daneben liegen wird.

In der jüngeren Belletristik sind die unvorstellbaren Entbehrungen und Abenteuer jener großen ersten Geodäten mehrfach in den Blickpunkt gerückt worden. So z.B. von Robert Whitaker in „Die Frau des Kartographen und das Rätsel um die Form der Erde“ (Karl Blessing Verlag, München 2005) und in dem Bestseller von Daniel Kehlmann „Die Vermessung der Welt“.

Quellen: Günter Seeber: Bebilderter Kurzbericht über eine Reise nach Südamerika  2011 und Wolfgang Torge: Geschichte der Geodäsie in Deutschland, Verlag W. de Gruyter, Berlin 2009 , 2. Aufl. S. 62-64.