Erinnerungen an Professor Günter Hübner aus Berlin

Es war 1973 in Stuttgart, als Ihr Redakteur erstmals als Vertreter Bremens an einer Sitzung des Fachausschusses Kommunales Vermessungs- und Liegenschaftswesen im Deutschen Städtetag und einer Tagung der Länderarbeitsgemeinschaft AdV teilnahm und Günter Hübner kennenlernte.

Prof. Günter Hübner aus Berlin und Erster Baudirektor Walter Reek (1910 – 1978)  aus Hamburg begrüßten den Nachfolger von Direktor Bertold Erxleben (1908 – 1996) aus Bremen in der Runde der Stadtstaatenvertreter  – ein „erlauchter Kreis“, wie er in beiden Gremien personenidentisch in den kommunalen und Landesaufgaben  traditionell etabliert war.

Günter Hübner blickte damals schon auf eine lange erfolgreiche Karriere in der Senatsverwaltung im damaligen Westberlin zurück. Geboren am 4. April 1914 in Berlin – vor 100 Jahren –  absolvierter er nach dem Abitur  in der schwierigen Zeit der Weltwirtschaftskrise 1932 eine Vermessungstechnikerlehre und legte 1938 seine Diplomhauptprüfung ab. Im Krieg schwer verwundet, konnte er die Referendarzeit mit der Assessor-Prüfung 1943 abschließen. „Er gehörte weder der NSDAP noch eine ihrer Gliederungen an und übernahm 1945 als Amtsleiter das Katasteramt in Beeskow/Mark“, schreibt Dr. Friedrich Rokahr in seinem Nachruf 2002. Stationen seines Dienstes für Berlin waren ab 1950 die Leitung des Vermessungsamtes in Schöneberg,  Wechsel 1954 in die Senatsbauverwaltung des Stadtstaats; er wirkte dort ab 1968 als Abteilungsleiter an der Spitze des Berliner Vermessungswesens, zuletzt als Leitender Senatsdirigent, eine von leitenden Ministerialbeamten äußerst selten erreichte Position. Es gehörte zu seinem Berufsethos, dem Wirken des Vermessungsingenieurs in unserer Gesellschaft die gebührende Geltung zu verschaffen und ebenso, junge Menschen für die Aufgaben des Vermessungswesens zu interessieren. Die Verbindung von Praxis und Wissenschaft lag ihm besonders am Herzen. So war er der Technischen Universität Berlin noch bis 1987 über eine Honorarprofessur verbunden und wirkte lange als Prüfer im Oberprüfungsamt für die höheren technischen Verwaltungsbeamten in Frankfurt a. M.. Von 1968 bis 1980 gestaltete Günter Hübner auch die Geschicke des Vermessungswesens als DVW – Landesvereinsvorsitzender. 1984 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.  Er wurde Ehrenmitglied des DVW Berlin Brandenburg, nachdem West-Berlin durch die deutsche Wiedervereinigung endlich aus seiner Insellage befreit war. Am 16. Oktober 2002 ist er auf dem St.-Annen-Kirchhof in Berlin-Dahlem beerdigt worden.

Günter Hübner war in seiner Stellung in Berlin für das deutsche Vermessungswesen richtungsweisend tätig, ihn bewegten Fragen der Bedeutung einer sachgerechten Wertermittlung in der Hand der Geodäten, einer damals im öffentlichen Blick stehenden Bodenwertzuwachssteuer, des Planungswertausgleichs, insgesamt einer  sozial ausgerichtete Bodenordnung; er wußte sich darin einig mit den von Prof. Dr. Walter Seele vertretenen Auffassungen. Auch der Organisation im deutschen Vermessungswesen galt seine besondere Aufmerksamkeit, und es war nicht verwunderlich, wie er sich für eine Kommunalisierung in der Ortsinstanz aussprach. Das Zusammenwirken mit dem freien Berufen, insbesondere mit den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren, war ihm wichtig. Die Automatisierung des Liegenschaftskatasters (auf der Basis eines früheren Soll-Konzepts) trieb er voran, aus der Zeit von Günter Hübner im AdV-Vorsitz 1978-1979 (vergl. unsere Mitt. Nr. 259) bleiben die ersten konkreten Schritte zu einer Automatisierung des Liegenschaftsbuchs im  ALB, der Liegenschaftskarte ALK und einer Gebäudedatei  in Erinnerung. Ein weiteres großes Thema aus unserer gemeinsamen Zeit in AdV wie im Deutschen Städtetag war sein Werben für ein Leitungskataster. Er führte intensive Gespräche mit den Verbänden der Leitungswirtschaft.

Günter Hübner konnte gestalten, führen, motivieren und delegieren. Noch heute klingt seine sonore Stimme in den Ohren, treffende Argumente vortragend. Aus dem noch lange nach seiner Pensionierung geführten Briefwechsel mit ihm wurde sein nicht nachlassendes Interesse an allen berufspolitischen, technischen und organisatorischen Entwicklungen im Vermessungswesen deutlich, „es sei wichtig, Persönlichkeiten in leitenden Funktionen“ zu haben. Stets auch eng der Vermessunggeschichte verbunden, so sorgte er schon 1977 dafür, daß das Grab von Dr. phil. h. c. Friedrich Gustav Gauß auf dem Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirche am Mehringdamm gepflegt und vom Senat von Berlin als Ehrengrabstätte anerkannt wurde (Vergl. unsere Mitt. Nr. 101).

Jene eingangs genannten beiden Sitzungen im Herbst 1973 fanden ganz ausnahmsweise hintereinander am gleichen Ort statt, ein Entgegenkommen für die Stadtstaatenvertreter, die in beiden Gremien wirkten. Zu einem Erlebnis besonderer Art wurde der Abend mit dem langjährigen (seit 1948) parteilosen Stuttgarter OB Klett mit seiner ungemein humorvoll-unterhaltsamen Art, in seinem letzten Amtsjahr, er starb 1974.

Quellen: G. Hübner und W.E. von Daack: Tagungen der Arbeitsgemeinschaft der der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) 1978 und 1979,  ZfV 1979 S. 330 und ZfV 1980 S. 240; Hübner, G.: Öffentliches Vermessungswesen in einer modern Verwaltung, ZfV 1970 S. 523 – 532; Hübner, G.: Die Bedeutung der Wertermittlungen für die Verwirklichung bodenpolitischer Ziele, ZfV 1974 S. 465 – 474. Rokahr, F.: Nachruf Leitender Senatsdirigent a.D. Professor Hübner, ZfV 6/2002, DVW-Nachrichten S. n-4.