Franz Adickes - Bodenordner und Bürgermeister

Wir wissen, wie gerne der Zweite Vorsitzende unseres Förderkreises, Prof. Dr.-Ing. mult. Erich Weiß, Schätze der Vergangenheit auf- und nachspüren mag. Mit seiner jüngsten Veröffentlichung "Franz Adickes in den Jahren von 1873 bis 1877 in Dortmund" in den Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen NRW (NÖV) stellt er dies erneut überzeugend unter Beweis.

Seine Veröffentlichung ist zwar im Untertitel sehr zurückhaltend als „eine biographische Skizze“ überschrieben, doch sie ist eine hochinteressante zeithistorische und kommunalpolitische Fundgrube über Franz Adickes, über das Wirken einer Persönlichkeit, von der wir aus dem Studium allenfalls noch den Bodenordner und dessen Frankfurter Lex-Adickes erinnern, jenes neue grundlegende Umlegungsrecht von 1902.

Franz Adickes wurde 1846 bei Stade geboren, er war Zweiter Bürgermeister und Beigeordneter in Dortmund 1873 – 1877 und anschließend Oberbürgermeister im damals noch preußischen Altona, bevor er 1891 bis 1912 Oberbürgermeister von Frankfurt a. M. wurde und uns als „Vater der städtischen Bodenordnung“ bekannt geworden ist.  Dort starb er hochgeehrt 1915.

Uns interessiert hier naturgemäß zunächst das Wirken von Franz Adickes in Dortmund – der Heimat unseres Förderkreises und unseres großen Vermessungsmuseums. Geodätisch-städtebauliche Berichte aus Dortmund enthalten nur einige wenige Hinweise zu Adickes, so von Hans Mönig 1962 zitiert in den Beiträgen zur Geschichte des Vermessungs- und Katasteramts 1976. Dabei ist doch gerade besonders bemerkenswert, daß der Ursprung des beruflichen Wirkens dieser großen Persönlichkeit in Dortmund lag. Allerdings vermutete Heinrich Bleicher bereits 1929 in der Biographie „Franz Adickes – Sein Leben und sein Werk“, daß dessen frühes Wirken in Dortmund und in Altona in Vergessenheit geraten war.

1873 in Dortmund. Die handschriftliche Bewerbung von Franz Adickes in Dortmund „…erlaube ich mir endlich … noch hinzuzufügen, daß ich im Jahre 1846 geboren und evangelisch-lutherischer Confession bin.“ …ist in der Veröffentlichung als Faksimile abgedruckt. Ebenso eine ausführliche Empfehlung für den „in seltenem Maße tüchtigen“ Mann mit „pflichttreuer Gesinnung…Klarheit im Denken und Urteilen…“ eines Obergerichtsrath’s  aus Göttingen. Seine erste große Aufgabe war u.a., das Stiftungswesen zu reorganisieren. Er erkannte alsbald, daß die Stadt Dortmund gestiftete Immobilienwerte in viel größerem Umfang veräußert und in Bankobligationen deponiert hatte, als entsprechend wieder im Grundvermögen anzulegen. Er setzte vorausschauend deren Reaktivierung durch – für zukunftsträchtige städtebauliche Entwicklungen. Frühe Veröffentlichungen wie praktische Tätigkeiten seiner Dortmunder Zeit betrafen Themen der Armenpflege, der Sozialversicherung, das Sparkassenwesen, auch zum Recht der Bau- und Gewerbepolizei, zum Wohnungswesen. Sie legten das Fundament für seine große kommunalpolitische Laufbahn. Besonders bemerkenswert wirkt dann aber eine Aussage zu seinem Weggang nach Altona. In einem Empfehlungsschreiben dazu hieß es u.a. „… und weil ich wünsche, daß er aus einer Umgebung, welche die volle Anerkennung geistiger Überlegenheit nur zu gerne versagt, herauskomme….“, also weniger schmeichelhaft für die damaligen Stadtväter in Dortmund. Adickes war damals 30 Jahre alt.

Erich Weiß erläuterte ausführlich Adickes’ familiäre Herkunft aus Norddeutschland, dem Lande Wursten zwischen Bremerhaven und Cuxhaven, aus dem heutigen Bad Bederkesa. Er zeichnet Stationen des Jura-Studiums nach, in Heidelberg, München und Göttingen und der Referendarausbildung in Neustadt am Rübenberge, Hannover, Göttingen und Berlin; berichtet von Adickes Erwägungen, entweder in die Wissenschaft oder doch in die kommunale Praxis zu gehen. Bedingt durch eine damals übliche längere Wartezeit zur Zulassung zum Assessorexamen absolvierte er seine militärischen Pflichten und mußte am Deutsch-französischen Krieg 1870/71 teilnehmen.

Die Veröffentlichung enthält eine Fülle weiterer hochinteressanter biographischer Details aus der Familie Adickes und zusätzlich im Anhang von einer Reihe kompetenter Weggenossen. So gehörte zu den drei Geschwistern von Franz Adickes auch der später bedeutende Professor für Philosophie in Tübingen Erich Adickes, der den handschriftlichen Nachlaß von Immanuel Kant aus Königsberg durcharbeitete und 1911 und 1914 als sogenannte Kantausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften veröffentlichte.

Erich Weiß ist mit diesen mehrjährigen fachlich-biographischen Forschungsergebnissen aus dem kommunalen Arbeitsfeld der städtebaulich-bodenordnerischen Aufgaben ein wahrhaft großer Wurf gelungen. Der NÖV und ihrem Schriftleiter Klaus Mattiseck ist besonders zu danken, diese Ergebnisse – ergänzt mit mehreren Abbildungen, Fotos von Adickes, von Faksimiles persönlicher Briefe – in der Ausgabe 1/2011 der Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen NRW (NÖV) S. 42 - 63 dokumentiert zu haben.