Godesberger Kataster-Verhandlungen im April 1819

Vor zweihundert Jahren fanden in Godesberg Verhandlungen zur preußischen Katasteraufnahme statt.

Die vom Finanzminister einberufenen Oberpräsidenten, Regierungen und Sachverständigen, darunter der ehemalige Leiter der Landesvermessung im Herzogtum Berg Prof. Dr. Johann Friedrich Benzenberg (1777-1846), der Direktor der Koblenzer Plankammer Georg Josef Aloysius Rolshausen (1782-1861) und der Obergeometer im Regierungsbezirk Kleve Peter Josef Stierlin (1788-1845), berieten auf der Grundlage des „Entwurfs einer „Allgemeinen Instruktion für die Anfertigung des Katasters in den Rheinisch-Westfälischen Provinzen“, den Rolshausen im Dezember 1817 vorgelegt hatte. Dazu kamen von Seiten des Militärs und der Zivilverwaltungen Änderungswünsche zu „Hauptfragen“, zu denen auch die kostenträchtige Triangulation gehörte.Auf einer Vorkonferenz am 10. April 1819 in Koblenz waren bereits von den dortigen Fachleuten Lösungsvorschläge zu den „Hauptfragen“ abgefasst worden; darin war gesagt, dass die übergeordneten Triangulationen für das Kataster überflüssig seien. Bis auf Benzenberg teilte man in Godesberg vollkommen diese Ansicht. Rolshausen wurde wiederrum beauftragt, den neuen Instruktionsentwurf entsprechend den Beratungsergebnissen zu schreiben; so entstand die „Instruktion für das Kataster der Rheinisch-Westfälischen Provinzen, entworfen auf Grund der Verhandlungen in Godesberg vom 15. bis 25. April 1819“. Diese sogenannte „Godesberger Instruktion“ verbesserte die bisher gültigen französischen Vorschriften des „Recueil méthodique“ von 1811.

Danach sollte die Parzellarvermessung jeder Gemeinde nach wie vor nur auf einem örtlichen Dreiecksnetz beruhen, deren Verbindung zu den vorhandenen übergeordneten Dreiecksnetzen von Lecoq, Tranchot, Benzenberg, Eckhardt, Müffling, Müller etc. sollten aber nicht vernachlässigt werden. Zusätzlich wurden Formulare für die Winkelmessung, die Dreiecks- und Koordinatenberechnung eingeführt; die Winkelgenauigkeit sollte auf Verlangen von Benzenberg nur 1 Altminute betragen, die rechtwinkligen Koordinaten in einem lokalen Kirchturmsystem 1 Rute genau. Die Methode der Einzelmessung eines Grundstücks war dem Ermessen des Feldmessers freigestellt. Die Arbeitsergebnisse umfassten Flurkarten (1:5 000 oder 1:2 500), eine Gemeindekarte (1:10 000) und ein Flurbuch (Messregister mit Angaben der Eigentümer, Größe, Lage und Kulturart der Grundstücke).

Ganz wesentlich war die Forderung, die Plankammer aus der unmittelbaren Leitung der Regierungen herauszunehmen und einem „Generaldirektor des Katasters“ zu unterstellen, der wiederum nur allein dem Finanzministerium verantwortlich war. Durch diese Leitungsmaßnahme erhielt das Geschäft der Katasteraufnahme eine ungeheure Beschleunigung und Unabhängigkeit von landständischen und sonstigen Widerständen (u. a. des Reichsfreiherrn Karl vom und zum Stein auf Gut Cappenberg, siehe Mitt. 233 und der Adeligen und Großbauern). Bereits im August 1819 ordnete das Finanzministerium an, linksrheinisch (vormals französisch) sogleich nach dem neuesten Instruktionsentwurf für das Katasterwesen zu verfahren. Erster Generaldirektor war der Kölner Oberpräsident Friedrich Graf von Solms-Laubach (1769-1822), Generalkommissar für Vermessungsarbeiten Georg Rolshausen;  Diese preußische Katasteraufnahme entwickelte sich bis 1834 zu einem vollen Erfolg (Schmidt, Triangulationen in NRW, 1960; Torge, Geschichte der Geodäsie, 2009; Wittstock, Vorschriften Grundsteuerkataster, 2001).