Mit Carl Friedrich Gauß unterwegs

Wir haben auf dieser Seite mehrfach an C.F. Gauß erinnert, an seine wissenschaftlichen Arbeiten ebenso wie an seine freundlich-despektierliche Vereinnahmung in dem Roman von Daniel Kehlmann „Die Vermessung der Welt“.

Dabei sind auch manch‘ besondere persönliche Lebensumstände aus dem Dunkel der Geschichte ans Licht unserer Zeit geholt worden (10 Tage Aufenthalt in der Heide ohne Spiegel, Abort und manche Bequemlichkeiten…).

Wir verdanken Dr.-Ing. Erich Siems weitere persönliche Details aus dem Leben von C. F. Gauß, aus seinen Briefen mit H. Chr. Schumacher. Erich Siems hat in Vorbereitung des jüngsten Treffens der AdV-Senioren in Lüneburg über Verbindungen der niedersächsischen Salzstadt zu Gauß recherchiert und manch Interessantes gefunden:

Gauß legte stets großen Wert auf gute Unterkunft. So wurde ihm in Lüneburg 1818 der Gasthof Schütting empfohlen, „obgleich ich lieber einen Gasthof gewählt hätte, der  n ä h e r   am Michaelisthurm läge … ist auch mir der Schütting der liebste, indem ich viel lieber täglich 4mal einen langen Weg machte als schlecht logirt bin.“– sein nachträglicher Kommentar im Brief an seine Frau „Das Hotel ist mäßig, Essen schlecht“. Ja und dies alles vor dem Hintergrund seiner bahnbrechenden Beobachtung, als er vom Michaelis-Kirchturm in Lüneburg in einem Fenster des über 44 km entfernten Michaelis-Kirchturms in Hamburg im Sonnenlicht blinken sah, die so zur Erfindung des Heliotropen führte.

Der Briefwechsel zwischen Gauß und Schumacher offenbart neben vielen fachlichen Übereinstimmungen auch ein außerordentlich vertrauensvolles Verhältnis der beiden zueinander:

Schumacher ließ ihm am 17.10.1824 durch einen Sergeanten ein paar Flaschen extra guten weißen Weins zukommen, die er „nicht zu verschmähen bittet“. Am selben Tag, also am 17.10.1824, schreibt Gauß an Schumacher: „Zuerst meinen verbindlichsten Dank, theuerster Freund, für Ihre große Güte, mit der Sie mich mit Bier und Wein versorgt haben. Der letztere ist mir in diesem Augenblick sehr willkommen gewesen, da weder in Apensen noch hier ein trinkbarer Wein zu haben ist, und daher mein letzter in Verden mit gutem gefüllt gewesener Flaschenkeller schon ganz geleert ist. Ich behalf mich zuletzt mit täglich einer sehr kleinen Ration von der letzten noch aus Göttingen mitgeführten Nothflasche. Jetzt bin ich bis  Hannover geborgen.“

Am 28.11.1824 schreibt Gauß: „Jetzt, theuerster Schumacher, noch eine Bitte. Meine Frau bedarf, obwohl ihre Gesundheit jetzt gottlob  v i e l  besser ist als im vorigen Frühjahr und Sommer, noch besonders stärkenden Wein, und namentlich thut ihr Madeira gut. Der Göttingische ist wie schon Lichtenberg bemerkte, so, daß sogar die Fliegen ihn nicht vertragen; der, den ich aus der ersten Weinhandlung in Hannover kommen ließ, scheint meiner Zunge seine Kraft nur einem Zusatz von Branntwein zu verdanken, und steht dem, den ich voriges Jahr durch Ihre Güte erhielt, weit nach. Sollte es Ihnen nicht zu mühsam sein, so möchte ich Sie bitten, mir abermals ein Dutzend Flaschen gütigst zu besorgen … Den Preis nebst allen mir zu meldenden Nebenkosten werde ich sofort übermachen.“

Gauß schreibt über eine Reise von Hamburg nach Braunschweig über Lüneburg:   „Meine Reise von Hamburg hierher war nicht die angenehmste. Meine Reisegesellschaft bestand, vielleicht einen ausgenommen, aus gemeinen Naturen, von denen ein Jude, ein Offizier und ein Kaufmann sich fast mit nichts als mit Geschichten vom Hamburger Berge und mit Zoten unterhielten. Dabei war auch die physische Existenz besonders für die Nase nicht die behaglichste, so dass ich die zweite Nacht halb krank war; am Montage, wo es anfing trocken von oben zu werden, nahm ich daher sogleich Extrapferde und fuhr allein den übrigen Theil des Weges hierher.“

Und nicht auszudenken wäre es, wie die Geschichte der konformen Abbildung weiter verlaufen wäre nach einem Unglück unterwegs in jener Postkutschenzeit: Gauß schrieb 1825 an Schumacher: „Allein beim Zurückfahren [von Brüttendorf nach Zeven] hatte ich den Unfall, zum ersten Mal in meinem Leben, umgeworfen zu werden. Ein Kasten fiel mir auf den Schenkel, der andere auf den Leib, von jenem erhielt ich nur eine leichte Contusion [Prellung]; ob ein Schmerz, den ich an der Seite fühle, eine Folge von diesem ist, weiß ich noch nicht. Ich bitte Sie, von diesem Vorfall gegen niemand etwas zu erwähnen. Hätte der Wagen im Augenblick des Umwerfens anstatt langsam schnell gefahren, so würden Sie mich schwerlich lebend wiedergesehen haben.“ Wie gesagt, nicht auszudenken …“