Nochmals zu Daniel Kehlmann, die Vermessung der Welt

Unser Eratosthenes-Preisträger 2003 Bernhard Zimmermann zitiert aus einem Brief von Gauß vom 29.09. 1822 an den Astronomen Schumacher aus Ober-Ohe: „Dort lebt eine Familie, deren Haupt Peter Hinrich von der Ohe zur Ohe sich schreibt (falls er schreiben kann) … dessen Kinder aber die Schweine hüten. Manche Bequemlichkeit kennt man dort nicht, z.B. einen Spiegel, einen Abort oder dergleichen. Gott sei Dank, daß ich den 10tägigen Aufenthalt daselbst überstanden habe.“

In seinem Roman befördert Kehlmann jenen einfachen Heidebauern zum hochgebildeten Grafen, dem Gauß einen Schuppen und drei Bäume abhandelte –  eine weitere augenzwinkernde Pointe … hier wohl zum Lobe von Gauß gewendet –  und amüsant, wie der ganze Roman. -
Der vorstehend zitierte Bericht erhielt 157 Jahre danach eine Richtigstellung durch den Dipl.-Ing. Heinrich-Hermann von der Ohe zur Ohe (gest. 1979), einen Ururenkel des ungefälligen Gastgebers: Peter Hinrich von der Ohe zur Ohe konnte lesen und schreiben, in seiner Wohnung standen kostbare Möbel des ehemaligen Schlosses Celle, eine Toilette war sehr wohl vorhanden (aber für die Familie und willkommene Gäste reserviert), und die drei Ohe-Höfe (sie waren damals noch Erblehen) umfaßten insgesamt etwa 3000 Hektar, ungefähr eine halbe Quadratmeile. Offenbar hatte Peter Hinrich von der Ohe zur Ohe in Gauß einen lästigen Hungerleider erblickt und ihn daher von den »Bequemlichkeiten« des Hofes ausgeschlossen. Er brachte Gauß wahrscheinlich in der »Reuterkammer« unter, die gewöhnlich militärischer Einquartierung vorbehalten war.

Literatuthinweise: Kurt R. Biermann (Hrsg.): "Carl Friedrich Gauß. Der 'Fürst der Mathematiker' in Briefen und Gesprächen." Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin 1990. Siehe auch Gaede: "Beiträge zur Kenntnis von Gauss' praktisch-geodätischen Arbeiten", ZfV 1885 S. 161 ff.