Vor 80 Jahren – Ernst Pinkwart und Heinrich Röhrs

„Die bremische Staatsprüfung für den höheren Vermessungsdienst bestand der Landmesser Dr. phil. H. Röhrs. – Ab 1. August 1928 wurden als Vermessungsräte planmäßig angestellt: Landmesser Dr. H. Röhrs und Reg.-Landmesser Dr. Pinkwart.“ - ZfV 1928

Zwei Persönlichkeiten starteten so vor 80 Jahren in Bremen ins Berufsleben, die beide insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg im Deutschen Vermessungswesen eine maßgebliche Rolle gespielt haben, Prof. Dr. Ernst Pinkwart als oberster Beamter in NRW und im Vorsitz der Länderarbeitgemeinschaft AdV und Dr. Heinrich Röhrs als DVW-Vorsitzender. Wir erinnern aus Anlaß der INTERGEO Bremen 2008 an beider Werden und Wirken.

Ernst Pinkwart wurde am 5. 3. 1898 in Hannover geboren, erlebte seine Schulzeit in Halberstadt und legte dort seine Reifeprüfung ab. Nach Soldatenzeit im Ersten Weltkrieg, einer  Ausbildung im Stadtvermessungsamt Magdeburg studierte er Geodäsie in Berlin, war Assistent bei Prof. Eggert (Vergl. Mitt. Nr. 54) und wurde 1926 mit einer Arbeit über die Kolonial-Triangulierungen zum Dr. phil. promoviert. 1928 bis 1938 leitete Dr. Pinkwart die Abteilung für Neumessung, Höhenmessung, Umlegung und Kartographie des  Katasteramts in Bremen. Eine der ersten Veröffentlichungen galten der Bewertung von Erbbaurechten. Im Hafenbereich von Bremen beobachtete er den Einfluß des Wasserstandes auf die Höhenlage von Wasserbauwerken und damit von Festpunkten aufgrund des erheblichen Tidenhubs der Weser. 1935 war er maßgeblich an Gestaltung und Durchführung des 100-jährigen Amtsjubiläums beteiligt. –

Als im Zuge der Neuorganisation die Hauptvermessungsabteilungen (HVA) begründet wurden, übertrug ihm das Reichministerium des Innern zugleich mit der Beförderung zum Oberregierungs- und Vermessungsrat die Leitung der HVA V in Stettin. Zum 1.1.1944 wurde er als Referent in das RMdI berufen. H. Wirths schrieb später in seinem Nachruf 1961 „…sein Wirken … war beispielhaft und richtungweisend für den Aufbau der Reichsvermessungsveraltung.“

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitete er zunächst in der Sowjetischen Besatzungszone (in Osternburg, freiberuflich in Stendal), konnte jedoch aufgrund seiner politischen Neutralität seine berufliche Laufbahn nicht fortsetzen. Er ging nach Westdeutschland. Von 1948 bis 1951 wirkte er als Stadtvermessungsdirektor in Bonn, war zugleich seit 1949 Honorarprofessor an der Uni in Bonn. Ab 1951 war er dann Leiter der Gruppe Vermessungswesen im Innenministerium in Nordrhein-Westfalen – mit einer Reihe Ehrenämtern u. a. im Kuratorium des Oberprüfungsamts für die höheren technischen Verwaltungsbeamten. Von 1959 bis zu seinem Tod 1961 war er Vorsitzer der Länderarbeitgemeinschaft AdV.

Heinrich Röhrs, geboren am  7. 5. 1900 in Drebber bei Diepholz südlich von Bremen. Er studierte Geodäsie und Kulturtechnik an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin und legte 1923 die Landmesserprüfung ab. Es folgten praktische Tätigkeiten in Ostfriesland (Vermessungsbüro), Oldenburg (Kommunalverwaltung), Westfalen (Provinzialverwaltung) sowie naturwissenschaftliche und volkswirtschaftliche Studien  an den Universitäten Rostock, Hamburg und Münster, dort  wurde er 1927 mit einer Arbeit über die Gaußsche konforme Projektion zum Dr. phil. promoviert. Bereits kurz zuvor 1926 war er in bremische Dienste eingetreten, „vorläufig auf Privatdienstvertrag“ 1928 legte er die bremische Staatsprüfung für den höheren Vermessungsdienst ab. Eine der ersten Aufgaben war die Leitung und sein Bericht über die für Bremen so wichtigen Feineinwägungen (Netz von 1925 bis 1928), sie stützten sich auf  die Höhenmarken des Reichsamts für Landesaufnahme, ausgehend vom Zentralpunkt an der Ansgarikirche (Röhrs 1930). 1935 war er ebenfalls maßgeblich an Gestaltung und Durchführung des 100-jährigen Amtsjubiläums beteiligt.

1944 wurde Dr. Heinrich Röhrs Amtsleiter in der Nachfolge von Wilhelm Brinkmann (1875 – 1951). Nach dem Krieg waren zunächst die noch 1944 mit Reichsgesetz geschaffenen Organisationsstrukturen im Vermessungswesen vorhanden. Bremen war der HVA VII zugeordnet worden. Prof. Dr. Kerl als Leiter der HVA in Hannover (britische Besatzungszone) versuchte dementsprechend, Bremen (amerikanische Zone) in seiner Zuständigkeit zu halten. Am 20. Januar 1947 gab es schließlich einen "Termin auf höchster Ebene" mit führenden Persönlichkeiten beider Besatzungszonen, Prof. Dr. Kerl sowie Dr. Müller vom Sen. f. Finanzen und Dr. Röhrs. Durch den Einsatz von Heinrich Röhrs behielt die bremische Kataster- und Vermessungsverwaltung ihre Eigenständigkeit, die Zusammenarbeit mit Hannover sollte auf technischen Fragen begrenzt werden (Ausführlich siehe Lucht 1988).

Als erste wichtige bodenordnerische Maßnahme initiierte Dr. Röhrs das bremische „Gesetz betreffend den Grenzausgleich zwecks Wiederherstellung und Verbesserung von Eigentumsgrenzen nach dem Liegenschaftskataster“ für den vereinfachten Grenzausgleich. Der Grundgedanke dieses Gesetzes ist später von ihm auch in die Vorarbeiten zum Bundesbaugesetz eingebracht worden.

In den Nachkriegsjahren hat sich Regierungsdirektor Dr. Heinrich Röhrs nebendienstlich in besonderem Maße für den DVW eingesetzt. Von 1950 bis 1956 war er Vorsitzender der Landesgruppe Nordwest und seit 1956 bis zu seinem Tod Vorsitzender des Gesamtvereins. Er war dann maßgeblich beteiligt an den Vorarbeiten für das 1960 beschlossene (damalige) Bundesbaugesetz. Dr. Röhrs hatte damit vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Bremischen Schätzungsamt wesentlichen Anteil an den Beratungen zur Einrichtung der Institution Gutachterauschuß im ersten Bundesbaugesetz, er war ab 1953 Mitglied und Vorsitzer im Unterausschuß für die Bodenordnung im Baurechtsausschuß. Daneben war er vielfach als Sachverständiger gefragt. Er war Mitglied in der AdV und im Städtetagsausschuß „Kommunales Vermessungs- und Liegenschaftswesen“.

Heinrich Röhrs gehörte zu den Männern der ersten Stunde in der schwierigen Nachkriegszeit (Vergl. Mitt. Nr.  192). Es war eine besondere persönliche Tragik, daß er noch die Zusammensetzung des Gutachterausschusses in Bremen gestalten konnte und dann 1961 Tage vor der Gründungssitzung des Ausschusses verstarb. Finsterwalder und Großmann haben in ihrer Laudatio zum 60. Geburtstag hervorgehoben, „persönlich kennzeichnen Heinrich Röhrs neben seinen schöpferischen Ideen und seiner Tatkraft und Gründlichkeit persönliche Bescheidenheit und menschliche Güte.“

Ernst Pinkwart und Heinrich Röhrs waren nahezu im gleichen Alter, haben beide noch in der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin studiert, bevor das Geodäsie-Studium 1925 an die TH Berlin wechselte. Beide Persönlichkeiten haben – beginnend vor 80 Jahren – über 10 Jahre gemeinsam in Bremen gewirkt und sich nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich für unseren Berufsstand beim Wiederaufbau der Bundesrepublik eingesetzt. Quellen zu Pinkwart (Auswahl): ZfV 1928 S. 32, S. 592, AVN 1958 S. 93 – 94, AVN 1961 S. 33 – 36 (mit Foto), ZfV 1961 S. 25 – 28 (mit Foto und Veröffentlichungsverzeichnis), Quellen zu Röhrs (Auswahl): ZfV 1926 s. 256, ZfV 1960 S. 175 (mit Foto), AVN 1960 S. 121 (mit Foto), ZfV 1961 S. 145 – 147 (mit Foto), Die Bremische Feineinwägung,  ZfV 1930 S. 707 – 713; Lucht, H.: Von der Hauptvermessungsabteilung zum Landesvermessungsamt - Freie Hansestadt Bremen, AVN 1988 S. 422 - 424; Lucht, H. : 60 Jahre Kommunales Vermessungs- und Liegenschaftswesen  im Deutschen Städtetag, ZfV 2007 S. 269. - 11.07.08/ Ergänzung zum Einsatz von Röhrs 1947.