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175 Jahre TP Hermannsdenkmal in Nordrhein-Westfalen

Das Hermannsdenkmal ist ein Festpunkt der Landesvermessung in Westfalen.

Das bekannte Hermannsdenkmal auf der Grotenburg in Hiddesen bei Detmold hat eine lange Baugeschichte und eine noch längere Vermessungsgeschichte, denn es dient bereits seit 1852 der Landesvermessung als trigonometrischer Punkt (TP). Die Baugeschichte des Denkmals reicht von ersten Planungen 1837 des Bildhauers Joseph Ernst von Bandel (1800-1876), vom Baubeginn auf der Grotenburg 1838, der Fertigstellung des 27 Meter hohen Unterbaus 1846 bis zur Montage der Standfigur auf dem Unterbau 1873/75.  Am 16. August 1875, also vor genau 150 Jahren, fand im Beisein des Kaisers Wilhelm I. die feierliche Einweihung des Denkmals statt. 

Das 53,5 Meter hohe Denkmal steht in der Mitte des damals vermuteten Feldes der Varus-Schlacht und symbolisiert die erfolgreiche Schwerterhebung des Cheruskerfürsten Arminius (17 v. Chr.-21 n. Chr.) gegen das römische Weltreich im Jahre 9 n. Chr. Heute wird die Varus-Schlacht nach umfangreichen archäologischen Ausgrabungen eher am Nordhang des Teutoburger Waldes bei Kalkriese verortet.

Das Denkmal ist besteigbar über eine äußere Freitreppe und eine innere Wendeltreppe bis zur Galerie am Fuß der Kuppel, auf der Vermessungen ausgeführt wurden. Bereits 1848 ergänzte der Katasterinspektor und Steuerrat Johann Jakob Vorlaender (1799-1886) sein trigonometrisches Netz 1. Ordnung für den Regierungsbezirk Minden um den weithin sichtbaren Unterbau des Denkmals (Galeriebodenhöhe 18,9 Meter). Das Mindener Netz besteht aus 5 Hochpunkten und 12 Bodenpunkten, deren Berechnung durch Anschluss an drei TP der hannoverschen Gradmessung von Carl Friedrich Gauß (1777-1855) ermöglicht wurde. Vorlaender führte seine Winkelmessungen auf einem exzentrischen Punkt auf der Galerie aus, nutzte aber die Mitte des Unterbaus als Fernziel bei Winkelmessungen auf den benachbarten Netzpunkten. Die geographischen Koordinaten des TP Hermannsdenkmal lauten: Breite = 51°54’47,182“ und Länge = 26°30’16,647“ östlich Ferro.

Im Jahre 1874 bestimmte der preußische Generalinspekteur des Katasters Friedrich Gustav Gauß (1829-1915; nicht verwandt mit dem Mathematiker Gauß) den TP Hermannsdenkmal zum Nullpunkt des Katasterkoordinatensystems Nr. 31 (ordinatentreue Abbildung im Soldnersystem). Diese sogenannten Soldner-Koordinaten dienten seit 1879 dem Anschluss der „Spezialvermessungen an die Trigonometrische Landesvermessung“ (Katastervermessung, Flurbereinigungsvermessung) in den Bezirken Detmold und Minden. Die ebenen Kataster-Koordinaten hatten Bestand bis zur Ablösung durch Gauß-Krüger-Koordinaten seit den 1930erJahren.

Ab 1880 begann die Trigonometrische Abteilung der Preußischen Landesaufnahme mit der systematischen Erneuerung der trigonometrischen Dreiecksnetze im westlichen preußischen Staatsgebiet. Die Leitung der Arbeiten hatte der Oberstleutnant Oskar Schreiber (1829-1905). Hierbei wurde die Mitte des Unterbaus des Hermansdenkmals als Zwischenpunkt 1. Ordnung im Wesernetz (1884/87) und als Folgepunkt (eine Art Zwillingspunkt) des nur 3,4 Kilometer entfernten Hauptpunkts 1. Ordnung TP Winnefeld eingeschaltet. Die neuen geographischen Koordinaten des TP Hermannsdenkmal lauten: Breite = 51°54’46,8593“ und Länge = 26°30’25,8667“ östlich Ferro (bzw. seit 1923 8°50’25,8667 östlich Greenwich; Ferro minus Greenwich = 17°40‘).

Im Laufe der Jahre bestimmten die Preußische Landesaufnahme, das Reichsamt für Landesaufnahme und schließlich nach 1945 das Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen am TP Hermannsdenkmal und in dessen unmittelbarer Nähe eine größere Anzahl vermarkter Stationspunkte, u. a. die Schwertspitze und den Turmbolzen. Das TP-Zentrum, die Mitte des Unterbaus in Höhe der Galerie, blieb in ihrer Koordinierung bis 1973 unverändert. Mit Hilfe der elektromagnetischen Streckenmessung erhielt der TP Hermannsdenkmal eine neue polare Anbindung an den benachbarten TP Winnefeld, wobei sich lediglich sein Rechtswert um 10 Zentimeter änderte, der Hochwert blieb unverändert; dies bestätigte die ausgezeichnete Bestimmung der Preußischen Landeaufnahme von 1882/86 bei einer Lagegenauigkeit von 8 Zentimeter. 

Seit den 1990er Jahren gibt es für alle Vermessungspunkte neue UTM-Koordinaten im europaweit einheitlichen System ETRS89 (bzw. genähert im satellitengeodätischen WGS84).

(Rudolf Schmidt: Das Hermannsdenkmal als trigonometrischer Punkt 1. Ordnung. Eine Dokumentation  des Landesvermessungsamtes NRW, Bonn 1988; Manfred Spata: Das Hermannsdenkmal in der Landesvermessung von NRW, in: Rundschreiben der Motivgruppe Landkarten – Vermessung – Entdeckungsgeschichte der Erde, Nr. 174 2/2025, S. 55-57)