Erinnerungen an Erwin Gigas

1976 verstarb mit Professor Dr.-Ing. E.h. Erwin Gigas eine Persönlichkeit, der das Deutsche Vermessungswesen in den Jahren schon nach dem Zweiten Weltkrieg außerordentlich viel zu verdanken hatte.

Und „Erwin Gigas hat über rund 4 Jahrzehnte das Bild des Deutschen Vermessungswesens im In- und Ausland so stark geprägt, daß mit den Worten von M. Kneißl für diese Zeit Gigas als die zentrale Schlüsselfigur im Deutschen Vermessungswesen zu gelten hat“, schrieb Prof. Walter Großmann, als sich 1969 Gigas‘ Geburtstag zum 70. Male jährte: (Prof. Dr. mult. Max Kneißl (1907-1973), die große bayerische Persönlichkeit jener Jahrzehnte im deutschen Vermessungswesen, Direktor des Geodätischen Instituts der TU München und des Deutschen Geodätischen Forschungsinstituts in München, u. a. Initiator der Deutschen Geodätischen Kommission (DGK), Mitbegründer der AdV.

Erwin Gigas wurde 1899 im Kreis Hirschberg in Schlesien geboren, studierte in Berlin zunächst Bauingenieurwesen und daran anschließend Vermessungswesen an der damaligen Landwirtschaftlichen Hochschule. Er wirkte 1928 bis 1945 in leitender Funktion in der Trigonometrische Abteilung im Reichsamt für Landesaufnahme (RfL) in Berlin.

Gleich nach dem Krieg übersetzte er das bekannte Werk von Perrier 'Wie der Mensch die Erde gemessen und gewogen hat' und verfasste einen ergänzenden Nachtrag. Und bereits 1945 wurde er Gründer und Leiter des Instituts für Erdmessung in Bamberg – nachdem er dafür gesorgt hatte, daß die wesentlichen Unterlagen des RfL zuvor mit Hilfe der amerikanischen Besatzungsmacht noch dorthin in den Westen gesichert werden konnten. 1951 übersiedelte das Bamberger Institut nach Frankfurt am Main und wurde nach längeren Verhandlungen unter wesentlicher Beteiligung von Max Kneißl als „Institut für Angewandte Geodäsie  und II. Abteilung des deutschen Geodätischen Forschungsinstituts“ (IfAG) unter Direktor Gigas in den Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums übernommen.

Erwin Gigas gelang es alsbald, auch eine kartographische und reproduktionstechnische Forschungsabteilung aufzubauen, der später die Bundesländer die Bearbeitung der amtlichen Karten 1 : 200 000 und kleiner übertrugen. In seinem Institut liefen die ersten IBM-Rechner für geodätische Berechnungen. Gigas engagierte sich mit erheblichem persönlichem Einsatz für die Entwicklungsarbeiten an geodätischen, photogrammetrischen und kartographischen Instrumenten, es entstanden u.a. ein photographisch registrierender Theodolit und der Orthoprojektor Gigas-Zeiss.

Eine Vielzahl von weit über 200 wissenschaftlichen Publikationen sind Zeugen seiner rastlosen Arbeit. Gerne widmete er sich dem Berufsnachwuchs. Seine im Rahmen der Geodätenausbildung von 1957 bis 1964 an der Universität Bonn gehaltenen Vorlesungen über geodätisch-physikalische Messmethoden erfreuten sich großen Zuspruchs und sicherten ihm immer einen vollen Hörsaal. Der DVW verlieh ihm bereits 1964 die Ehrenmitgliedschaft, von der TH Hannover erhielt er die Ehrendoktorwürde. Die Mitwirkung in einer Reihe von deutschen und internationalen  akademischen Gesellschaften (u.a. auch in Schottland, Argentinien, Brasilien und Guatemala) zeugen von seinem hohen Ansehen, ebenso das ihm verliehene Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 1965 war Erwin Gigas im Rahmen des Katasterprojekts Zentralamerika (Guatemala) und Kanada der Bunderegierung als Projektleiter tätig.

Wir haben diese Erinnerungs-Skizzen zusammengetragen aus der ausführlichen Laudatio von Prof. Walter Großmann und dem ungemein zugetan verfassten Gedenken von Prof. Helmut Wolf. Wir können hier nicht näher auf Gigas‘ bedeutende Leistungen für die deutschen Triangulationsnetze, in der klassischen Ausgleichungsrechnung u.v.a.m., überhaupt auf seine großen wissenschaftlichen Verdienste eingehen und verweisen gerne auf die genannten Quellen. – 1997 ist „sein“ IfAG in das Bundesamt für Geodäsie und Kartographie (BKG) umgewandelt worden, weiterhin mit Sitz in Frankfurt am Main.

Professor Dr.-Ing. E.h. Erwin Gigas verstarb 1976 in Marbella in Spanien – vor 40 Jahren.

Quellen: Walter Großmann: Professor Dr. Erwin Gigas zum 70. Geburtstag, in zfv 1969 S. 199-200; Helmut Wolf: Professor Dr. E. h. Erwin GIGAS zum Gedächtnis, in zfv 1976 S. 164-166, Gerhard Eichhorn: Max Kneißl – 1907-1973 in zfv 1973 S. 477-479.