Geheime schweizerische Militärkarten 1888–1952

Unser Eratosthenes-Preisträger 2011, Dr.-phil. dipl.ing. Martin Rickenbacher aus Basel, hat eine weitere bemerkenswerte vermessungsgeschichtliche Arbeit vorgelegt. Er berichtet über Festungskarten, die parallel zum Aufbau der schweizerischen Landesbefestigung entstanden waren.

1885 beschloss der Schweizerische Bundesrat, als Reaktion auf die Eröffnung der Gotthardbahn, die Gotthard-Südfront zu befestigen. Weil von den Forts keine Sichtverbindung zum überwiegenden Teil möglicher Ziele bestand, sollten die geometrische Beziehung zwischen Geschütz und Ziel anhand genauer Karten ermittelt werden. Der Topographische Atlas der Schweiz 1:50 000 (Siegfriedkarte) genügte dazu nicht. Für den überwiegenden Teil der Festungskarten wurde der Maßstab 1:10 000 gewählt.

1891 wurde auch mit der Kartierung begonnen. An den Original-Aufnahmen der Festungskarten waren ca. 150 Topographen beteiligt. Die Aufnahmen erfolgten nach der Messtischmethode, bereits 1892 wurden auch Versuche zum Einsatz terrestrischer Photogrammetrie (Bildmessung) gestartet. Mangels effizienter Auswerteverfahren konnte die Methode allerdings noch nicht in die Produktion überführt werden. Erst im Ersten Weltkrieg konnte das «Vermessungs-Detachement St. Gotthard» dank der inzwischen erfolgten Entwicklung leistungsfähiger Auswertegeräte die Kartierungsleistung unter Einsatz der Stereophotogrammmetrie deutlich steigern.

Im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs entstand das vierte große Festungskartenwerk. Es konnte direkt auf dem Übersichtsplan der schweizerischen Grundbuchvermessung aufgebaut werden, der auf dem 1912 eingeführten Zivilgesetzbuch basiert. Die Aufnahmeprioritäten wurden zwischen den zivilen und militärischen Behörden koordiniert, sodass nun keine spezifisch militärischen Aufnahmen mehr nötig waren.

Das lange als «geheim» klassifizierte Kartenmaterial von bester Qualität wurde erst 2009 entklassifiziert und damit frei zugänglich.

             Quelle siehe Verlag Cartographica Helvetica und www.kartengeschichte.ch . – 16.05.2016