Historischer TP Schraderberg bei Bremen

Im Rahmen eines durch die Service-Agentur Öplus für Ökologie und Kommunikation im Auftrag des Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) gestalteten Erlebnispfades durch die Badener Berge in Achim bei Bremen wurde unser Förderkreis gebeten, in Bild und Text zu helfen.

 

In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niederachsen und der von dort gern gegebenen Unterstützung der Kollegen Dieter Grüner und René Borges entstand eine Erläuterungs- und Schautafel am Rande eines Naherholungsgebiets nahe bei der inzwischen völlig bewaldeten Erhebung des Schraderbergs – mit einem Kartenausschnitt zur Preußischen Landesaufnahme, dem Bild eines historischen Theodoliten aus dem Fundus des Vermessungstechnischen Museums in Dortmund, einem Ausschnitt des Weser-Hautdreiecksnetzes, einem Bild von C.F. Gauß, jeweils mit kurzer Erläuterung und mit folgendem Text (Auszug):

 

„Der deutsche Kaiser, zugleich König von Preußen, wollte am Ende des

19. Jahrhunderts für sein Reich gerne genauere Landkarten erstellen

lassen. So suchten Landvermesser die Orte auf, von denen man besonders

weit ins Land hinein sehen konnte. Mit einer Art Fernrohr mit

Winkelmesser (Theodolit) wurden die Winkel zu benachbarten, gut

sichtbaren Punkten im Gelände gemessen. Daraus ließ sich ein Netz

miteinander verbundener Dreiecke bilden, deren Eckpunkte zur Herstellung

sehr genauer Karten dienten. Dieses Verfahren heißt Triangulation

(Dreiecksvermessung), die Beobachtungspunkte sind die

Trigonometrischen Punkte (TP).

Im Jahre 1889 standen die Landvermesser auch auf dem damals noch

baumlosen Schraderberg in Baden, der höchsten Sanddüne weit und

breit. Durch ihren Theodoliten sahen sie in der Ferne die Ansgariikirche

in Bremen, den Kirchturm in Verden und auch den Schlossturm in

Etelsen. Sie notierten die gemessenen Winkel und markierten ihren

Standort mit einem Granitstein. Man findet ihn – etwas versteckt – ganz

oben auf dem Schraderberg. Der Weg dorthin ist ausgeschildert.“

 

Zur fachlichen Ergänzung: Der westlich der Elbe gelegene Teil Preußens war ab 1875 bis 1900 trianguliert worden. Der TP Schraderberg war ein in das weiträumige Hauptdreiecksnetz eingefügter Zwischenpunkt  I. Ordnung der preußischen Landesvermessung. Hier wurden im Jahr 1889 die Winkel zu benachbarten Kirchtürmen gemessen. Die Triangulation bildete die Basis zur erstmaligen Herstellung der preußischen Meßtischblätter 1:25.000. Und sie war zugleich Grundlage zur Bestimmung der Koordinaten von allen nachgeordneten Vermessungspunkten.

Und zum historischen Hintergrund lesen wir bei Wolfgang Torge in seiner Geschichte der Geodäsie in Deutschland, „das Vermessungswesen (war) in Preußen von jeher dezentral bei den jeweiligen Fachverwaltungen organisiert. Die Landesaufnahme ressortierte beim Kriegsministerium, die Katasterverwaltung beim Finanzminister, die Vermessungsarbeiten im Zusammenhang mit Gemeinheitsteilungen und Verkoppelungen beim Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, und die Messungen für Verkehrswege beim Ministerium für öffentliche Arbeiten; für das Preußische Geodätische Institut war das Kultusministerium zuständig. Dieser unwirtschaftlichen Zersplitterung soll das durch Kabinettsorder 1870 gegründete ‚Centraldirektorium der Vermessungen im Preußischen Staate‘ entgegenwirken“ berichtet Torge weiter, „Von den bindenden Beschlüssen des Zentraldirektoriums,“ hebt er diese hervor, „die Neutriangulation des gesamten Staatsgebietes mit 10 versteinerten Punkten je Quadratmeile und eine darauf aufbauende, auf 22 Jahre veranschlagte neue topographische Aufnahme für 2/3 des Staatsgebietes, die Messtischblätter sollen nun veröffentlicht werden. Die Neutriangulation beginnt westlich der Elbe…..“ – unter der Leitung von Oscar Schreiber, bekannt geworden auch als „Schreiberscher Westen“. Seit 2013 informiert die künstlerisch gestaltete Schautafel der „Station Nr. 10“ des Erlebnispfads in den Badener Bergen über den „Historischen Vermessungspunkt“. Das Foto von C.F. Gauß (1777 – 1855) erinnert daran, daß er als „berühmter Mathematiker, Astronom, Geodät und Physiker wichtige Grundlagen für die Preußische Landesaufnahme“ schuf.

Literatur: Wolfgang Torge: Geschichte der Geodäsie in Deutschland, Verlag Walter de Gruyter, Berlin, New York, 2. Auflage, 2009, ISBN 978-3-11-020719-4; dort S. 255 – 264.