Gründung des Beirats für das Vermessungswesen

Vor 100 Jahren wurde der "Beirat für das Vermessungswesen" gebildet.

In Folge der nur kleindeutschen Zuständigkeit des Reichsamtes für Landesaufnahme (siehe Mitt. 788) wurde per Erlass des Reichspräsidenten vom 27. Juli 1921 der Beirat für das Vermessungswesen aus Vertretern des Reiches, der Länder, des Städtetages und der Berufsverbände unter der Aufsicht des Reichsministers des Innern gebildet. Wenn auch die fachlichen Beschlüsse des Beirats nur Empfehlungen bzw. Gutachten waren, wurden sie zumeist von den Ländern realisiert. Als Vorsitzenden benannte der Reichsminister des Innern den Direktor des Geodätischen Instituts in Potsdam Professor Dr. Ernst Kohlschütter (1870-1942).

Die weitreichenden maßgeblichen Beschlüsse betrafen u. a. die Beibehaltung des Bessel-Ellipsoids, des Meters der Landesaufnahme und des Systems der geographischen Koordinaten (Deutsches Einheitssystem), die Bestimmung des neuen Zentralpunktes des Deutschen Reichsdreiecksnetzes (Zentralpunkt Potsdam Helmert-Turm) für den zerstörten Zentralpunkt Rauenberg, Übergang vom Nullmeridian Ferro auf Greenwich (Abzug des runden Betrags von 17 Grad 40 Minuten zwecks Beibehaltung des Blattschnitts), Einführung neuer konformer ebener Koordinaten in 3 Grad breiten Meridianstreifen (Gauß-Krüger-Koordinaten), Einführung zwei neuer Kartenwerke (Deutsche Grundkarte 1:5 000 und Deutsche Karte 1:50 000). Weitere Empfehlungen bzw. Gutachten betrafen die Vereinheitlichung fachtechnischer Normungen (DIN), Fehlergrenzen der Messverfahren, Förderung der Luftbild-Messverfahren sowie Ausbildung der Vermessungsangehörigen.

Mit dem Ende der Weimarer Republik endete die fruchtbare, kollegiale und demokratische Beratungsarbeit des Beirates; die letzte Tagung fand 1931 statt, die Ausschüsse arbeiteten noch eine Zeit lang weiter. Durch Verordnung des Reichsministers des Innern vom Juni 1935 wurde der Beirat aufgelöst. Dieser Beirat hat in seinem rund zehnjährigen Wirken die Vereinheitlichung des deutschen Vermessungswesens stark voran getrieben; seine Vorgaben überdauerten die Weimarer Republik und das Nazi-Regime und prägten die Vermessungsverwaltungen der neuen Bundesrepublik nach 1945 bis heute. Die föderal-demokratische Fortsetzung des Beirats bildete 1948 die Konstituierung des Beirates für das Deutsche Vermessungswesen in der britischen Zone sowie 1949 die Konstituierung der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland(AdV). (Oskar Albrecht, Beirat für das Vermessungswesen, DGK, E Nr. 21, 1984; Herbert Lang, Vermessungs- und Kartenwesen, 2008, S. 43; Wolfgang Torge, Geschichte der Geodäsie, 2009, S. 292)