Historischer TP-Pfeiler von 1816 in Werl aufgefunden

Ein alter TP-Pfeiler der Triangulation 1810/16 wurde in Werl in einem Brunnenschacht geborgen.

Unser Mitglied Peter Sukkau, Vermessungsingenieur und Kreisheimatpfleger in Soest, staunte nicht schlecht, als er im Sommer 2021 zur Identifizierung eines „alten Grenzsteines zu Rate gezogen wurde. Seinem vermessungshistorisch geschulten Blick war sogleich klar, dass es sich um einen trigonometrischen Pfeiler der Triangulation 2. Ordnung der Jahre 1816-1819 im ehemaligen Herzogtum Westfalen handelte.

Der Pfeiler war vor ein paar Jahren bei der Restauration eines Brunnenschachtes in elf Meter Tiefe auf einem Hof in Werl-Oberbergstraße zu Tage befördert worden. Die Art des Sandsteinpfeilers mit einem tonnenförmigen Kopf sowie die Beschriftung auf der Vorderseite mit der „Nr. 247“ und auf der Rückseite mit der römischen Zahl „II“ in einem eingeritzten Dreieck weisen ihn als oberirdische Vermarkung des trigonometrischen Punktes II. Ordnung „Oberbergstraße“ aus, der ursprünglich in etwa 300 Meter Entfernung auch für die Zwecke der Katasterurvermessung  1827-1834 (Grundsteuerkataster) gedient hatte.

Leiter der Triangulation und der Katasteraufnahme im ehemals kurkölnischen Herzogtum Westfalen war 1809-1816 der hessische Astronom Christian Leonhard Philipp Eckhardt (1784-1866), der für eine dauerhafte Vermarkung der Vermessungspunkte sorgte. Nachdem 1815 das Herzogtum von Hessen nach Preußen wechselte, wurde 1816 der Ingenieurgeograph Johann Nikolaus Emmerich (1791-1868) mit der Triangulation II. Ordnung und der Katasteraufnahme beauftragt. Ihm schwebte vor, die TP-Pfeiler „auf lange Zeit zu sichern und gemeinnütziger zu machen“ und sie als „Tagsteine nach Art der Grenzsteine mit einer Nummer auf einer Seite und einem ∆ (Dreieck mit Ordnungszahl) auf der anderen versehen“ zu setzen. Leider haben die meisten „Tagsteine“ die Zeiten nicht überdauert (siehe Rudolf Schmidt: Aufsuchen von Dreieckspunkten der Triangulationen I. und II. Ordnung im Herzogtum Westfalen, in: Geobasis.nrw, Trig. Akte 54/H und in: BDVI-FORUM 4/1986, S. 455-459 und 4/1989, S. 275-276 ).

Unklar ist bisher, wie dieser TP-Pfeiler in den Brunnen gelangte; es ist aber bekannt, dass nach der Katastervermessung manche Bauern die Pfeiler entfernten, weil sie bei der Bewirtschaftung der Felder störten. Es ist im Frühjahr 2022 geplant, mit Hilfe der berechneten Koordinaten, den ursprünglichen Standort des TP-Pfeilers örtlich zu untersuchen und die vermutete unterirdische Pflasterung mit einer zentrischen Lochplatte aufzudecken (Peter Sukkau: Stein im Brunnenschacht geborgen, in: Heimatpflege im Kreis Soest, Nr. 39, 10/2021, S. 15-17).