Mitgliederversammlung 2012 und Eratosthenes-Preisverleihung

Präsident Harald Lucht konnte am 13. Februar 2012 in der Rotunde des Museums für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund zahlreiche Mitglieder und Gäste begrüßen, die trotz widriger Witterungsverhältnisse auch von weither angereist waren, u.a. aus Erfurt, Dessau, Wiesbaden, Hannover, Aachen.

Museumsdirektor Wolfgang E. Weick begrüßte die Teilnehmer und dankte besonders für die gute Zusammenarbeit zwischen Museum und Förderkreis, wie sie durch die bevorstehende Mercator-Ausstellung einmal mehr intensiviert worden sei. Er wünschte der Ausstellung eine gute Akzeptanz und viel Resonanz und freute sich auf die Eröffnung am 9. März.

Der Präsident verlieh dann zunächst den mit 2.500€ dotierten Eratosthenes-Preis 2011 an Herrn Dr.-phil. dipl.ing. Martin Rickenbacher aus Basel mit der Urkunde im schon traditionellen klassischen Feldbuchrahmen, und stellte den Preisträger kurz vor. Geboren 1954, Diplom als Kulturingenieur 1974, 1980 eidgenössisches Patent als Ingenieur-Geometer, seit 1989 leitend tätig im schweizerischen Bundesamt für Landestopographie swisstopo, u. a. auch Leiter der AG Kartengeschichte der Schweizerischen Gesellschaft für Kartographie. Martin Rickenbacher erläuterte in seinem Vortrag hochinteressante Details aus seiner Dissertation an der Universität Basel. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren bis 1815 beachtliche Teile der heutigen Schweiz durch französische Ingenieure vermessen worden. Der Preisträger hat die damals modernen und angewandten wissenschaftlichen Methoden aufgearbeitet und darüber hinaus die dabei entstandenen Karten - es handelt sich weitgehend um Originalzeichnungen - in französischen Archiven aufgespürt und erstmals aus schweizerischer Sicht erforscht er stellt sie zugleich in einen europäischen Kontext. Die Arbeit ist eine umfassend recherchierte Dokumentation eines hochinteressanten und ungewöhnlichen Kapitels französisch-schweizerischer Landesvermessung, zusätzlich eingebettet in die geisteswissenschaftlichen Aspekte und die handelnden Persönlichkeiten jener Zeit (Die Arbeit ist 2011 erweitert als Buch erschienen: Napoleons Karten der Schweiz, Landesvermessung als Machtfaktor 1798 – 1815, hier und jetzt, Verlag für Kultur, ISBN 978-3-03919-196-3). Martin Rickenbacher beendete seinen Vortrag mit einem besonderen Knüller: In seiner Prüfung zum Geometer-Patent kam abschließend die höchst überraschende Frage, wer zuerst die Erde vermessen habe. Rein zufällig hatte er 3 Wochen zuvor „im Bachmann“ über die Erdvermessung von Eratosthenes gelesen, konnte so brillant antworten – und erhielt die Bestnote. Jene Geschichte runde sich heute mit der Verleihung des Eratosthenes-Preises! Er erhielt lang anhaltenden Beifall.

Das Stifterkollegium hatte Prof. Dr.-Ing Dieter Lelgemann vor dem Hintergrund seines reichen geodätisch-literarischen Wirkens den erstmals verliehenen Eratosthenes-Ehrenpreis zuerkannt. Dieter Lelgemann wurde 1939 in Essen geboren, nach Ingenieurschule Essen und Studium an der TU Berlin war er wiss. Assistent bei Professor Moritz und ist dort 1971 promoviert worden. 1975/76 Studienaufenthalt in den USA, habilitiert 1978 und seit 1985 Professor für Astronomische und physikalische Geodäsie. – Harald Lucht überreichte Dieter Lelgemann die ebenfalls klassisch-traditionell gerahmte Urkunde. Der Ehrenpreisträger hielt einen engagierten Vortrag „Antike Messkunst“. Die Messkunst bildet die Verknüpfung von Messtechnik und Angewandter Mathematik. Er ging besonders auf die „antiken“ Wissenschaftler ein, die bereits grundlegende Forschungsergebnisse erzielt haben, von Thales, Anaximandos, Pytheas über u.a. Archimedes, Eratosthenes bis zu Ptolemaios – in der praktischen Interpretation ihrer Ergebnissen mit verblüffend hohen Genauigkeiten. Dieter Lelgemann überzeugte die interessierte Zuhörerschaft durch eine eindrucksvolle Präsentation seiner antiken Recherchen und Erkenntnisse.

Nach einer Kaffeepause mit ausführlicher Gelegenheit zum Gedankenaustausch gab der Erste Vorsitzenden Ingo von Stillfried einen illustrierten Überblick über das Geschäftsjahr und die geplanten Aktivitäten für das Jahr 2012. Die Homepage erfreue sich wachsender Beliebtheit. Auch in der INTERGEO sei der Förderkreis inzwischen mit einem eigenen Vortragsblock integriert. Der Förderkreis habe wiederum für drei temporäre Ausstellungen Exponate zur Verfügung gestellt. Daneben wurden für die Verfilmung des Buches von Daniel Kehlmann „Vermessung der Welt“ Instrumente zur Verfügung gestellt.

Das Geschäftsjahr wurde besonders geprägt durch die Vorbereitungen zur Mercator-Ausstellung „500 Jahre Gerhard Mercator - vom Weltbild der Renaissance zum Kartenbild der Moderne“. Die Ausstellung wird das Leben und Wirken Mercators in seinen Werken zeigen und die besondere Bedeutung vermitteln, die seine Arbeiten damals und bis heute hatten und haben – für die Entwicklung der Kartographie, die Darstellung der Welt in Atlanten und bis hin zu den modernen Navigationssystemen. Auf einer Fläche von 750 m² werden über 300 Kartenblätter, 41 Globen, 32 Atlanten, 55 Instrumente, 12 Filme etc. präsentiert. Die Exponate stammen von 37 Leihgebern. Zahlreiche Kollegen und weitere Aufbauhelfer sind in die Vorbereitung und Durchführung eingebunden. Die Ausstellung wird maßgeblich finanziell unterstützt von der Nordrhein-Westfalen-Kultur-Stiftung, dem DVW-Landesverein NRW, dem VDV, dem BDVI NRW und einer Reihe von Firmen.  Alle privaten Geldspender sollen im Rahmen der Ausstellung in einer Spender-Ehrentafel namentlich geehrt werden. Dafür ist ein Sonderkonto bei der Sparkasse Dortmund (BLZ 440 501 99 Konto Nr. 911005166) eingerichtet. Die feierliche Eröffnung findet am 9. März 2012 statt, die Ausstellung läuft vom 10. März bis 10. Juni im Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund. Der erste Vorsitzende bittet für die Ausstellung zu werben und zu spenden und gibt einen Vorgeschmack mit der Präsentation des begleitenden farbigen Katalogs (230 Seiten, reich illustriert). Im Katalog werden auch die Vorträge zum vergangenen Symposium abgedruckt, sie vervollständigen die Kenntnisse über Mercator. Außerdem sind zahlreiche begleitende Veranstaltungen zur Ausstellung geplant (siehe www.mercator500.de). Für die Schirmherrschaft konnte Prof. Dr. Klaus Töpfer gewonnen werden. – Hartwig Junius berichtete ergänzend, der Nachbau des Wiehen-Wagens sei inzwischen weit fortgeschritten, er werde während der Mercator-Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Instrumentensammlung ist um ca. 75 Instrumente und Geräte angewachsen. Der Katalog weist nun rd. 1.600 Einträge auf. Die Suche nach fachlicher Betreuung gestaltet sich weiterhin schwierig. Der Erste Vorsitzende bedankt sich abschießend für die vielfältige Unterstützung, insbesondere bei unserem Ehrenmitglied und Träger der Ehrenmedaille Manfred Gombel. Herr Gombel wird mit einem langen herzlichen Applaus für die langjährige, herausragende Arbeit geehrt. Ingo von Stillfried wirbt nochmals eindringlich, für diese verantwortungsvolle und spannende Aufgabe einen Nachfolger zu finden.

Der Präsident dankt besonders dem Ersten Vorsitzenden Ingo von Stillfried und den Kollegen aus Dortmund für ihr mitreißendes Engagement bei der Vorbereitung der deutschlandweit – jedenfalls für das Vermessungswesen – einmaligen Ausstellung.Nach dem – wie stets – kompetenten Kassenbericht des Schatzmeisters Franz Gocke und dem

Bericht der Kassenprüfer Burkhard Kreuter und Ingo Tiemann erfolgte auf Antrag von Dr. Hartwig Junius die einstimmige Entlastung des Vorstands.

Für eine Wiederwahl ins Kuratorium werden die Herren Gombel, Dr. Grewe, Hahn, Dr. Junius, Pfeifer, Schröder und Vogel für eine erneute Kandidatur vorgeschlagen. Oberbürgermeister Sierau verzichtet auf eine weitere Kandidatur, dafür kandidiert seitens der Stadt Stadtrat Martin Lürwer. Weitere Kandidaten gibt es nicht. Die Kandidaten erklären ihre Bereitschaft und werden en bloc einstimmig gewählt. Im Vorstand werden Ingo von Stillfried, Norbert Kalischewski und Axel Kolfenbach einstimmig in den bisherigen Funktionen wiedergewählt, ebenso  Burkhard Kreuter und Ingo Tiemann als Kassenprüfer.

Jürgen Lagoda weist auf eine Ausstellung „’Vorbilder’ vor Gerhard Mercator“ hin, die er zusammen mit Prof. Peter Mesenburg konzipiert hat und die am 22. April eröffnet wird (Ort: Salvator-Kirche, Duisburg). Zudem plant das Bildungswerk des VDV ein Seminar mit dem Titel „Audienz bei Gerhard Mercator“. Die nächste Mitgliederversammlung findet am 18. Februar 2013 statt.