Präsidenten der Landeskulturverwaltung der Rheinlande

Mit seiner jüngsten Veröffentlichung über „Die Präsidenten und Leiter der preußischen Landeskulturverwaltung in der Rheinprovinz von 1920 bis 1945“ beschließt Professor em. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Erich Weiß seine so sehr verdienstvollen Forschungen, um Leben und Wirken der Präsidenten und Leiter der Landeskulturverwaltung in den Rheinlanden zu dokumentieren.

Er berichtet über die Biographien von  Friedrich Hess (Präsident 1920 bis 1932), Dr. Wilhelm Heiliger (Leiter 1933 bis 1936) und Dr. Ludwig Sartorius (Leiter 1936/39 bis 1944/45) in besonders bewegten Zeiten, seit 1933 zugleich einer Zeit großer Anfechtungen. Auch die Nachforschungen gestalteten sich für diesen Zeitraum besonders schwierig.

Friedrich Hess wurde am 27. Dezember 1873 in Ahrweiler in einem katholischen Elternhaus geboren, studierte Rechtswissenschaften in München, Berlin und Bonn, absolvierte das Referendariat und den Militärdienst und begann seine berufliche Laufbahn am 11. Mai 1900 mit dem Eintritt in die preußische Landwirtschaftsverwaltung bei der Generalkommission in Düsseldorf, um sich zum Spezialkommissar der Rheinischen Landeskulturverwaltung ausbilden zu lassen. Es folgten Einsätze u. a. auf Gut Güldenstein, einem Besitz des Hauses Oldenburg  in Schleswig-Holstein, in Kassel, Hersfeld, Witzenhausen und Limburg. Im Ersten Weltkrieg als Hauptmann mehrfach ausgezeichnet, begann er  ab 1. Januar 1919 zunächst als Hilfsarbeiter (wie unmittelbar nach dem Krieg üblich) im Preußischen Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten – und wurde am 1. Juli 1920 zum Präsidenten des Landeskulturamtes für die Preußische Rheinprovinz in Düsseldorf ernannt.

In den Folgejahren war u. a. fachlich die Verlagerung der praktischen Arbeit von der Provinzialebene des Landeskulturamtes (früher Generalkommission) in die Lokalebene der Kulturämter (früher Spezialkommissionen) umzusetzen. Friederich Hess hatte bei der daraus folgenden Umorganisation in den politisch, sozial und ökonomisch ersten schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg besondere Herausforderungen zu meistern. So waren u.a.  Wohnungsangebote der Bediensteten, Schulangebote für deren Kinder in den strukturschwachen Gebieten u.v.a.m. angemessen zu berücksichtigen. Erich Weiß schildert ausführlich und hochinteressant, wie sich außerdem auch die fachlichen Herausforderungen weiter entwickelten,  weil Bodenordnungsziele sich beständig wandelten, selbst in die  Dorfstrukturen hineinwirkten, so auch bei Weinbergflurbereinigungen, Waldflurbereinigungen, in den kleinteiligen Realteilungsstrukturen. Und wie ganz hautnah eine Terminierung eines Umlegungstermins auf den Buß- und Bettag1930 damals im Nachhinein erhebliche Wellen schlug, obwohl „in einer rein katholischen Gegend, evangelische Bewohner sind dort weit und breit nicht ansässig (waren)“. Friedrich Hess verstarb am 30. Mai 1932 während einer Dienstreise in Koblenz.

Nachfolger für die relativ kurze Zeit von 1933 bis 1936 war Dr. Wilhelm Heiliger. Geboren am 2. August 1872 (also etwa im gleichen Alter wie sein Vorgänger) im Kreis Minden-Lübbecke in einem evangelischen Elternhaus. Dessen Vaters Beruf als Spezialkommissar mag ihn früh geprägt zu haben. Wilhelm Heiliger studierte Rechtswissenschaften in Marburg und Bonn, absolvierte das Referendariat und wurde in dieser Zeit an der Friedrich-Alexander-Universität zu Erlangen 1898 zum Dr. jur. utr. (also des weltlichen und des kirchlichen Rechts) promoviert – mit einem Thema, das identisch war mit dem der Hausarbeit des Ersten Juristischen Staatsexamens, übrigens ohne wesentliche inhaltliche Änderungen…1902 erfolgte der Eintritt in die preußische Landwirtschaftsverwaltung in der Generalkommission Düsseldorf, zwecks Ausbildung zum Spezialkommissar, drei Jahre nach des Vaters Tod, also auf dessen Spuren. Im Ersten Weltkrieg war Dr. Wilhelm Heiliger u.a. in der Militärverwaltung Litauen-Süd eingesetzt. Nach Kriegsende kehrte er zur Spezialkommission nach Siegburg zurück.

1921 wurde er auf die Preußische Verfassung vereidigt und u.a. ab 1. Oktober 1929 Vorsitzender der Spruchkammer beim Landeskulturamt Düsseldorf für die Rheinprovinz. Im Jahre 1932/33 wurde die preußische Landeskulturverwaltung aus der Sonderverwaltung im Königreich sowie im Freistaat Preußen in die allgemeine Landesverwaltung eingegliedert. Mit Wirkung vom 1. April 1933 wurde Dr. Wilhelm Heiliger zum Leiter der neuen Landeskulturabteilung beim Oberpräsidium ernannt.  Am 20. August 1934 hatte dann der zuvor bereits auf die preußische Landesverfassung vereidigte Beamte den Eid auf den Führer zu schwören: „Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“ Wir haben hier bereits früher auf die damit einhergehende Problematik hingewiesen, siehe den vorletzten Absatz unserer Mitt. 603. Letztlich mag auch dieser Eid ein Hintergrund gewesen sein, daß Wilhelm Heiliger am 10. Dezember 1935 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand stellte, dem zum 31. März 1936 entsprochen wurde. Er starb am 12. April 1946 im Kreis Gifhorn.

Nachfolger wurde der wesentlich jüngere Dr. Ludwig Sartorius, geboren am 26. Juli 1896 im damaligen Landkreis Köln, in einem besonders kinderreichen katholisches Elternhaus. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Bonn zog er als Kriegsfreiwilliger in den ersten Weltkrieg. Er setzte später sein Studium in Bonn fort und wurde 1921 während der Referendarzeit an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Bonn zum Dr. jur. promoviert. Sein beruflicher Werdegang begann am 1. Oktober 1925 als Amtsvorsteher beim Kulturamt Bernkastel. Zum 1. September 1936 wurde er in die Landeskulturabteilung beim Oberpräsidium für die Rheinprovinz in Koblenz berufen, um diese Abteilung bis zum Jahr 1939 (weil noch nicht Mitglied der NSDAP) kommissarisch zu leiten, ab 1939 dann hauptamtlich. In den folgenden Kriegsjahren war er im aktiven Kriegsdienst in Polen und Russland eingesetzt. Seine formale Vertretung oblag ab 1942 dem dienst-ältesten Oberregierungsrat Egon Küsters.

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Ein abschließendes Resümee mag zusammenfassen:  Mit dieser jüngsten Veröffentlichung von Professor em. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Erich Weiß ist die Aufarbeitung und Dokumentation über die Präsidenten und Leiter der  bodenordnenden Landeskultur der Rheinlande insbesondere im ländlichen Raum von 1886 bis1970 abgeschlossen. Erich Weiß hat deren Biographien umfangreich recherchiert und das Wirken jener 10 Persönlichkeiten in dem zeitgeschichtlichen Rahmen mit den gesellschaftlichen, sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen außerordentlich faktenreich dargestellt. Damit ist es ihm gelungen, zugleich auch die Erinnerung an das segensreiche Wirken der Landeskultur neu in das heutige Bewusstsein zu rücken. – Zur besseren Übersicht nennen wir hier nochmals die Namen in chronologischer Folge ab 1886: Otto Grein (1886 – 1893), Albert Küster (1894 – 1903), Franz Brümmer (1903 – 1911) Wilhelm Wissmann (1911 -1920). Siehe unsere Mitt. 579. – Friedrich Hess (1920 bis 1932), Dr. Wilhelm Heiliger (1933 bis 1936) Dr. Ludwig Sartorius (1936/39 bis 1944/45) und Erich Küsters (1944/45 – 1954), Dr. Otto Bierig (1954 – 1968), Dr. Karl Jennen (1968 – 1970).

Und wir weisen ergänzend auf weitere biographische Arbeiten über Persönlichkeiten in der Preußischen Landeskulturverwaltung von Erich Weiß hin, die wir hier besprochen hatten, so u. a. auf Heinrich Albert Wilkens, Franz Adickes, Hermann Ascher, Gustav Ferdinand Wilckens, Paul Krenzlin.

Quelle: Erich Weiß: Drei Präsidenten und Leiter der Landeskulturverwaltung in der Rheinprovinz von 1920 bis 1945, in Zs. Rheinische Heimatpflege Heft 1/2017 S. 39 – 62, , ISSN 0342-1805, Köln 2017 – E-Mail: wiemer[at]rheinischer-verein.de