Stereokomparator im Vermessungsmuseum

Carl Pulfrich (*24.9.1858, + 12.8.1927) entwickelte 1901 den ersten Stereokomparator – ein Präzisionsgerät zur Ausmessung von Stereo-Luftbildern.

Damit wurde eine Luftbildauswertung zur Fortführung von topographischen Karten möglich. Eduard von Orel erweiterte 1909 das Gerät zum „Orel-Zeiss’schen Stereoautographen“. Erstmalig konnte damit auf einem Zeichentisch automatisch eine stereophotogrammetrische Bildauswertung kartographisch aufgezeichnet werden.

Der Förderkreis konnte jetzt ein solches Gerät in den Bestand in Dortmund aufnehmen. Das komplexe Steuerungsgestänge zeigt eindrucksvoll die komplexen Zusammenhänge der Orientierung der Stereobilder. Aufgebaut auf einem sehr massiven Holztisch liegt ein ca. 140 x 180 cm großer Grundrahmen aus Gußstahl  (Gewicht von fast 750 kg!). Ein weiterer kleinerer Rahmen mit einer Ausdehnung von ca. 100 x 120cm (400 kg) nimmt das umfangreiche System von Lenkern auf.  Auch der Zeichentisch mit über 200 kg ist noch ein Schwergewicht. In der Summe kommt so ein Gesamtgewicht von fast 1600 kg zusammen – und es ist kaum zu glauben: es wurde eine Meßgenauigkeit im µm-Bereich erreicht!

Das nun in Dortmund angekommene Gerät aus dem Baujahr 1904 hat bereits eine weite Reise hinter sich. Unser Kenntnisstand der Aufenthaltsorte beginnt in den 1950er Jahren. Hier stand es im Photogrammetrischen Institut der Technischen Hochschule Hannover. Danach machte es sich auf den Weg in die Technische Universität München, welche es dann nach breiter Einführung der numerischen Auswerteverfahren in die studentische Ausbildung an der Fachhochschule Würzburg gab. 2002 wurde der Stereokomparator dem Förderkreis in Dortmund angeboten und es gab es in Würzburg bereits eine symbolische Übergabe an den Förderkreis. Der sichere Standort in Würzburg und der Platzmangel in Dortmund verhinderten einen Umzug. Jetzt mußte der Vermessungsbereich der Hochschule Würzburg-Schweinfurt das Gebäude verlassen. Der Transport nach Dortmund erfolgte im Juni 2013. Ein weiterer Umzug innerhalb Dortmunds muß noch stattfinden. Wir hoffen, den Stereokomparator bei uns bis zum Jahresende in montiertem Zustand im Magazin im Bunker am Westpark vorstellen zu können, dort wo heute noch die Zuse Z 11 steht  – über deren weitere interessante Verwendung werden wir hier demnächst berichten. – 

Ja und das Leben schreibt manchmal unglaubliche Geschichten, so auch zu diesem Stereokomparator. In Kurzfassung: Nach der symbolischen Übergabe 2002 an den Förderkreis in Würzburg an unseren Ersten Vorsitzenden Ingo von Stillfried ergaben Gespräche, daß er bereits diesem Gerät nahe war, als „er noch unterwegs war“ – bei Auswertungen zur Fortführung der Alpenvereinskarte „Ötztaler Alpen“, als das Eltern-Ehepaar von Stillfried in München weilte. Und bei der Übergabe 2002 zeigte Prof. Doergé interessanterweise genau jene Karte mit dem Fortführungs-Stand 1955. – Einige Jahre später gelangte der Förderkreis in den Besitz einer Karte, die im Rahmen einer Diplomarbeit über den Rückgang des Theodul-Gletschers in Obergurgl erstellt wurde. Das Ehepaar von Stillfried hatte 1955 gemeinsam bei den örtlichen Paßpunkt-Arbeiten und der photogrammetrischen Auswertung mitgewirkt. So war Ingo von Stillfried kurz vor seiner Geburt auch bei diesen terrestrischen Paßpunkt-Messungen gegenwärtig. Und vor zwei Jahren tauchte fand sich  ein Fotoalbum der Taufpatin, in welchem Fotografien genau von diesen Tätigkeiten zu finden sind. So schließt sich der Kreis, das Album wurde inventarisiert. – Und last but not least: Ihr Redakteur erinnert sich gerne an seinen Ausbilder während der Referendarzeit, Hartmut von Stillfried, den Vater unseres Ersten Vorsitzenden – das war um 1965 im Kulturamt Hannover. – 

Technische Geräte sind für Laien manchmal sehr schwierig museumspädagogisch zu vermitteln. Oft hilft dabei eine Geschichte, wie Menschen damit gearbeitet haben und zu welchen Ergebnissen ihr Tun führte. Dieser Stereokomparator hat eine ganz besondere Geschichte.