„Vermesser“?

Es ist über 20 Jahre her, da hat der frühere Chef der Hamburger Vermessungsverwaltung, Erster Baudirektor Dipl.-Ing. Harry Pahl, eine Philippika geritten gegen die oberflächliche Verwendung des „Vermessers“ für unseren Berufsstand, an die die wir hier gerne einmal wieder erinnern.

„Wenn Geodäten die Darstellung ihrer durch Informations- und Bildverarbeitung entscheidend veränderten Wirkungsfelder auch heute immer noch sehr vernachlässigen, dann muß jeder einzelne als Persönlichkeit etwas dagegen tun. Wenn aber Geodäten – und ihnen nachplappernd andere Berufsgruppen – von „Vermessern“ sprechen, dann ist das schlichtes Unvermögen zur Einschätzung von Wert und Wirkung eines Wortes. Ich bekenne mich jederzeit gerne zum Landmesser, Geometer, Vermessungstechniker, Vermessungsingenieur oder umfassend zum Geodäten, aber: Vermesser … dieser Begriff ist sprachlich unrichtig, vom Inhalt unnötig und daher so schnell und so radikal wie möglich zu tilgen! Es ist schon verwirrend genug, wenn das Verb „vermessen“ zwar für unsere vornehmliche Tätigkeit steht (stand…), in der reflexen Form sowohl eine fehlerhafte Vermessung (sich vermessen) als auch eine anmaßende Haltung (sich zuviel zutrauen) beschreiben kann. Hilfsweise sollte man es als Adverb benutzen, um vermessen (kühn, dreist) genug zu sein, der eingerissenen Sprachverfälschung für die Bezeichnung eines Berufsstandes entgegenzutreten.“

Harry Pahl hat diese wohlformulierte Klarstellung geschrieben, angeregt durch die Geringschätzung in einer abwertenden Aussage in der Wochenzeitung DIE ZEIT von 1988 – dort wollte ein bekannter Journalist einen Redenschreiber für den damaligen Bundespräsidenten abqualifizieren, indem er schrieb: „… ein Referent, dessen Feingefühl ihn für den Dienst bei einem entlegenen Katasteramt bestens empfiehlt.“ Pahl fragte selbstkritisch, ob das Versäumnis der Selbstdarstellung auch bei uns liegen könne – und schrieb obiges.

Verfasser dieser Mitteilung hofft, einen Redakteur der F.A.Z. in dessen ebenfalls abfälligen Urteil über die Leistungen eines Katasteramts korrigiert zu haben – in zwei Leserbriefen, erschienen am 4.5.2005 und 17.8. 2009, nachzulesen in www.haraldlucht.eu .  

Unsere Seite dieser Homepage „Vermessungsgeschichte“ ist überschrieben mit „Aktuelles“. Beide Sachverhalte – Geringschätzung des Berufsstands im „Katasteramt“,  wie mit der oberflächlichen Verwendung des „Vermessers“ waren früher und sind heute leider unverändert aktuell.

Positiv aktuell aber – und hoffnungsstiftend! – sind die erfreulichen Bestrebungen der großen Fachverbände BdVI + DVW + VDV die „Marke Geodäsie“ gemeinsam zu promovieren - gegründet auf der „Bremer Erklärung“ von 2008. Mit der darauf aufbauenden Sieker Erklärung vom 13.2.2010 (fortgeschrieben am 6.2.2011) haben sich die drei Verbände in die Verantwortung genommen, das Berufsfeld der Geodäsie als Ingenieurdisziplin zukunftsfähig zu entwickeln. „Überall Geodäsie“ steht dann auch im Zentrum der Internetseite www.arbeitsplatz-erde.de , die während der INTERGEO Köln 2010 als Initiative von DVW, BDVI und VDV gemeinsam freigeschaltet wurde. - Da hat dann auch die Bezeichnung „Vermesser“ keinen Platz mehr.

Quellen:  Pahl, H.: „Von den Märtyrern der Richtigkeit“ zum Geo-Informatiker? AVN 1989 S. 91 – 92, zustimmend zitiert in DER VERMESSUNGSINGENIEUR 1991 S. 90.