Wir erinnern an Professor Dr.-Ing. Walter Großmann

Walter Großmann wurde am 6. April 1897 in Norden/Ostfriesland geboren. Wer ihn kannte, erinnert sich an seine geradlinige Art auf Menschen zuzugehen, seine gegenüber Mitarbeitern und Studenten früh Verantwortung fordernde und weitergebende Persönlichkeit, sein unbedingtes Eintreten für wissenschaftliche Korrektheit. Sein überragendes didaktisches Geschick, die Kunst, auch komplizierte Zusammenhänge "auf dem Bierdeckel" (heute wieder modern!) darzustellen, sind unvergessen.

Darüber hinaus war ihm - ohne Unterschiede in der Ausbildung zu verwischen - der Zusammenhalt in der großen Vermessungsfamilie stets wichtig, ihm war aller Standesdünkel zuwider. Gerne bat er Doktoranden kurz vor der Prüfung, in den Spiegel zu schauen - um dann danach, nachdem "alles überstanden" war,  sozusagen informell nachzuforschen "ob man meine, ob sich etwas verändert habe ...." Die von ihm geleiteten  trigonometrischen Schlußübungen waren Höhepunkte im Studienjahr für Studenten wie Assistenten. Und der Autor dieser Zeilen erinnert sich daran, wie Großmann einst in einer "Trig-Übung", im Grase liegend in die Wolken schaute und sinnierte, wie in den Wolkenbildern gleichsam das eigene Leben vorüberziehe ...

Sein Lebensweg führte ihn über das Abitur in seiner Geburtsstadt, der Teilnahme am ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger, dem Studium in Bonn und Berlin zunächst in die Preußische Katasterverwaltung u.a. in Schlesien. Aufgrund seiner früh erkannten wissenschaftlichen Begabung wurde er an die TH Berlin abgeordnet, wo er sein Studium bei den Professoren Eggert, Brennecke und Schmehl fortsetzte und 1931 einer der ersten Diplomingenieure nach der neuen Diplomprüfungsordnung vom 1.8.1930 in Preußen war. 

Geschäftsführung im Beirat für Vermessungswesen bei Geheimrat Kohlschütter, Mitarbeit im Reichsministerium des Innern in der Referentengruppe Pfitzer (siehe Mitt. Nr. 41), gestaltende Mitwirkung an den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften für den höheren vermessungstechnischen Verwaltungsdienst vom 3. 11. 1937 und der Studien- und Prüfungsordnung für Studierende des Vermessungswesens vom 5. 5. 1938:  "Damit war die von W.  Jordan i. J. 1873 angeregte und vom Deutschen Geometerverein seither ständig erhobene Forderung erfüllt, aus dem Geometer einen Ingenieurberuf zu entwickeln" schreibt Großmann selbst 1977 (ZfV 1977 S. 505). Und er ergänzt: "...daß der Diplomingenieur des Vermessungswesens durch das breite wissenschaftliche Studium immer freier und weitsichtiger geworden ist."

Großmann wirkte nach dem Weltkrieg an der TH Hannover als Direktor des Geodätischen Instituts, 1949 bis 1951 als Prorektor und Rektor, 1956/57 als Dekan der Fakultät für Bauwesen, trat bereits 1936 an der Seite von Eggert (siehe Mitt. Nr. 54) in die Schriftleitung der Zeitschrift für Vermessungswesen ZfV ein und übernahm sie dann ab 1944 bis 1971, schrieb eine Reihe von weit verbreiteten Standardwerken (u.a. Geodätische Rechnungen und Abbildungen in der Landesvermessung; Grundzüge der Ausgleichungsrechnung; die Göschenbände Vermessungskunde I bis III), arbeitete mit in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien, erhielt wertvolle Ehrungen, u.a. 1965 die Helmert-Gedenkmünze des DVW. Kraft schöpfte er immer wieder aus seiner christlichen Grundhaltung und aus dem Rahmen seiner Familie.

Am 13. Oktober 1980 verstarb Professor Dr.-Ing. Walter Großmann im Alter von 83 Jahren in Hannover. Anläßlich seines 90. Geburtstags wurde er nochmals dankbar in Hannover und in Norden geehrt. Angeregt durch Prof. Dr.-Ing. Hans Pelzer - Nach-Nachfolger im Geodätischen Institut - und umgesetzt in einer konzertierten Aktion des Leiters des  Stadtvermessungsamtes Hannover, Dr.-Ing. Bernd Wegener, unterstützt  in die Politik von dessen Vorgänger Prof. Gustav Bohnsack,  ist 1987  ein rd. 2 km langer Wanderweg entlang der Herrenhäuser Allee in  "Walter-Großmann-Weg" benannt worden. Es ist jener Weg,  an dem die Studenten der ersten Semester nahe dem Institutsgebäude Am Schneiderberg ihre grundlegenden Vermessungsübungen durchführen. Und in seiner Geburtsstadt Norden wurde ebenfalls 1987 eine Bronzetafel in Erinnerung an das Wirken Großmanns von Dr.-Ing. Fritz Lehmann, dem damaligem Vorsitzenden des DVW Niedersachsen, an dem Haus enthüllt, in dem er von 1917 bis 1926 wohnte.  Vor nunmehr 25 Jahren ist Walter Großmann auf dem Engesohder Friedhof in Hannover zur letzten Ruhe geleitet worden - nach mehr als 50-jährigem Wirken für das Deutsche Vermessungswesen.

Erinnern heißt danken.

Quellen: W. Großmann: 100 Jahre Berufsentwicklung in Norddeutschland, ZfV 1977 S. 498 - 506), Hampel, Wendt, Ahrens, Vogler (DVW und Verlag Konrad Witwer): In memoriam Walter Großmann,  ZfV 1980 S. 506, W. Torge: Walter Großmann 6.4.1897 - 13.10.1980, ZfV 1980 S. 507 - 509, K. Kertscher: Bronzetafel zu Ehren von Prof. Dr.-Ing. Walter Großmann, ZfV 1987 S. 572 - 573.