BGH-Urteil 1969: Feststehende Größe eines Grundstücks und sein tatsächlicher Flächeninhalt

Der Bundesgerichtshof (BGH) formulierte in seinem Rechtsspruch vom 14. Februar 1969 zu einem nachbarrechtlichen Grenzstreit, also vor genau fünfzig Jahren, dass „die Katasterangaben über Länge, Breite und örtliche Lage eines Grundstücks am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teilnehmen. Das entspricht zwar der herrschenden Meinung, ist aber nicht ganz unumstritten.“

Damit betonte der BGH, wie schon andere Gerichte vorher, dass die im Kataster ausgewiesenen Flächenangaben eines Grundstücks nicht den Schutz des öffentlichen Glaubens genießen. Bekanntlich nehmen die Angaben des Katasters (mit Ausnahme der Fläche) nach einem Reichsgerichtsurteil von 1910 auch am öffentlichen Glauben des Grundbuches teil (siehe Mitt. 331).

In dem Streitfall waren sich zwei Nachbarn (und Prozessbeteiligte) über den Besitz und die Nutzung sowie über die Vermarkung ihrer bebauten Grundstücke nachbarlich grundsätzlich einig. Lediglich die in der Katasterkarte ausgewiesenen Grundstücksbreiten der Straßenfront, die auf einer Teilungsmessung aus dem Jahre 1847 im Längenmaß des preußischen Fuß basierten, wurden von einem Nachbarn zu Ungunsten des anderen Nachbarn angezweifelt und in Folge auch die vermeintlich geringere Flächengröße seines Grundstücks. Der BGH entschied, dass der Urteilsspruch des vorlaufenden Berufungsgerichtes rechtsfehlerfrei sei, wonach „unter der feststehenden Größe der Grundstücke deren tatsächlicher Flächeninhalt zu verstehen sei“ und nicht der im Kataster strittige bzw. nicht zweifelsfrei nachweisbare Flächeninhalt (zwei divergierende Supplementkarten). Das darf als ein Rechtsspruch in salomonischer Weisheit auch von den Katasterkollegen angesehen werden, zumal den ehemals beteiligten Feldmessern keinerlei Abmarkungs- oder Messfehler nachgewiesen werden konnte (BGH-Urteil vom 14.2.1969 V ZR 130/65; Wittstock 2001, S. 170)