Nachruf auf Rudolf Schmidt

Am 24. August ist Dr.-Ing. Rudolf Schmidt (1928-2021) in Bad Godesberg verstorben.

Dr. Rudolf Schmidt war langjähriger Leiter der Grundlagenvermessung in Nordrhein-Westfalen (heute: Geobasis NRW) und eine markante Persönlichkeit der deutschen Landesvermessung. Seine Sprache und sein Gestus ließen einen echten Rheinländer erkennen: geboren in Köln, studiert in Bonn, gearbeitet und gewohnt in Bad Godesberg.

Zu seinen großen beruflichen Leistungen gehört die Einführung der satellitengeodätischen GPS-Positionierung in den Grundlagennetzen von NRW. Die in Deutschland erstmaligen Macrometer-Messungen der Jahre 1983/85 erbrachten den praktischen Nachweis einer effektiven präzisen Punktbestimmung für die Zwecke der Hauptdreiecksnetze (Kontrolle des Deutschen Hauptdreiecknetzes durch Macrometer-Messungen 1983–1985 – KONMAC. DGK, B 282, München 1986). Dies war auch der erste Schritt zum heutigen deutschlandweiten  Satellitenpositionierungsdienst "SAPOS" und zum europaweit einheitlichen geodätischen Bezugssystem ETRS 89.

Rudolf Schmidt hat auch außerordentliche vermessungshistorische Verdienste. Da ist zuerst seine umfassende Dissertation „Die Triangulationen in Nordrhein-Westfalen“ von 1960 zu nennen, worin er einen erschöpfenden Überblick über die trigonometrischen Grundlagennetze des historisch vielfältigen Katasterkartenwerks in Nordrhein-Westfalen gab, ergänzt um entsprechende Übersichtskarten der Triangulationsperioden der Flurkarten. Dabei reichen seine fachlichen Darstellungen notwendiger Weise über die Landesgrenze von NRW hinaus und beziehen die Triangulationswerke der Nachbarländer mit ein (Triangulationen von Lecoq, Eckhardt, Krayenhoff, Gauß, Gerling, Wagner).

In seiner ForschungsarbeitDie Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und v. Müffling 1801-1828. Geschichte des Kartenwerkes und vermessungstechnische Arbeiten„ von 1973schuf Rudolf Schmidt ein bis heute gültiges Standardwerk über die erste systematische Kartenaufnahme der Rheinlande, der sogenannten Tranchot-Müffling-Aufnahme; ihre Kartenblätter sind eine wertvolle Quelle für landes- und ortskundliche Arbeiten.

In einer siebenteiligen Dokumentation beschrieb Rudolf Schmidt die vermessungshistorische Bedeutung von Trigonometrischen Punkten Erster Ordnung in NRW: Hermannsdenkmal, Soestwarte, Köterberg, Bonner Basis 1847, Tranchot-Obelisk in Aachen, Löwenburgund Kölner Dom. Darin werden ihre bautechnischen und vermessungstechnischen Besonderheiten dargelegt.

Im Anschluss an seine Tranchot-Müffling-Forschung verfolgte Schmidt den Verlauf der Müfflingschen Dreieckskette quer durch preußische Lande: „Die preußische Dreieckskette vom Rhein über Schlesien nach Memel 1817-1834(DGK, E 29, München 2007). Darin schildert er die bisher wenig bekannte Triangulation vom Rhein über Thüringen, Brandenburg, Schlesien und Ostpreußen bis zur Verbindung mit der russischen Triangulation als Teil einer damaligen europäischen Zusammenarbeit (Zusammenschluss der mitteleuropäischen Triangulationen). Schmidts grundlegende Forschungsarbeiten haben noch heute Bestand und werden in Torges Standardwerk „Geschichte der Geodäsie in Deutschland“ gewürdigt (siehe  Mitt. 225).

In seiner letzten vermessungshistorischen Arbeit „Der Finkenberg in der Landesvermessung“ erläutert Rudolf Schmidt recht anschaulich die verschiedenen Triangulationsarbeiten, die im Verlaufe von 200 Jahren den Bonner Raum und damit auch den Finkenberg als trigonometrischen Punkt (TP) betrafen (siehe Mitt. 543).

Rudolf Schmidt war lange Jahre Mitglied des Förderkreises, dem er dankenswerterweise seine umfangreiche Privatbibliothek mit wertvollen vermessungshistorischen Schriften übergeben hat. Der Förderkreis verliert mit ihm einen kompetenten Vermessungshistoriker, sein Werk wird überdauern.