Gründung des DVW 1871
Am 16. Dezember 1871 wurde in Coburg der „Deutsche Geometer-Verein“ (D.G.V.) zur „Hebung und Förderung des Vermessungswesens in allen seinen Zweigen und Einzelheiten“ gegründet, der 1919 sich in „Deutscher Verein für Vermessungswesen“ (DVW) umbenannte. Die Initiative ging von den seit 1848 bestehenden süddeutschen Geometer-Vereinen aus, preußische Vertreter nahmen an dieser Gründungsversammlung nicht teil, sie schlossen sich erst 1875 an.
Hauptziele des technisch-wissenschaftlichen Vereins waren die Herausgabe einer Fachzeitschrift, Abhaltung von Versammlungen und Pflege sozialer Einrichtungen. Ein frühes Anliegen des Vereins war die „Hebung des Vermessungswesens“, Wertschätzung und Anerkennung des Berufs sowie eine angemessene Ausbildung und Bezahlung, insbesondere der Geometer/Feldmesser/Landmesser der Katasterverwaltung, der Zusammenlegungsbehörden und des Eisenbahnwesens. Prägende Persönlichkeiten der frühen Jahre waren der Württemberger Prof. Wilhelm Jordan (1842-1899) und der bayerische Katasterbeamte Carl Adolf Steppes (1843-1913) als langjährige Schriftleiter der ZfV sowie der Kölner Eisenbahn-Landmesser und langjährige Vorsitzende Ludwig Winckel (1838–1904).
Das Vereinsorgan erhält den Namen „Zeitschrift für Vermessungswesen“ (ZfV), seit 2007 im 132. Jahrgang „zfv – Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement“. In den ersten Jahrgängen herrschten praktische Fragen zu geeigneten Längenmesswerkzeugen wie Messlatte, Messkette oder Messband vor. Die Schriftleiter waren stets bemüht, Probleme der theoretischen Geodäsie und der praktischen Vermessung gleichermaßen zu thematisieren. Zudem wurden immer wieder Themen der Ausbildung und Zulassungsbedingungen zum Beruf des Landmessers diskutiert.
Die seit 1872 (in Eisenach) jährlich an wechselnden Standorten in Deutschland und benachbarten Ländern stattfindenden Geodätentage entwickeln sich im Laufe der Jahre zu einer der größten internationalen Berufsfachmesse in der Welt; sie vereinen Fachkongress und Ausstellung. Seit 2000 heißt die Fachmesse „INTERGEO“. In den vergangenen 150 Jahren fanden 108 Veranstaltungen in 36 Städten statt, Spitzenreiter unter den Gastgebern sind Berlin 11 mal, München und Stuttgart 8 mal sowie Hamburg und Hannover 7 mal. Zu jeder Zeit gab es gute Beziehungen zu der „Österreichischen Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation“ (OVG); dies erbrachte zwei gemeinsame Geodätentage, 1982 in Wien und 1991 in Innsbruck.
Außerdem kooperiert der Geometerverein früh mit technischen und wissenschaftlichen Vereinigungen, Hochschulen und Institutionen in Deutschland und in der Welt. So ist er 1878 auf der Pariser Weltausstellung ein Gründungsmitglied der Berufsorganisation „Fédération Internationale des Géomètres“ (FIG, Internationale Vereinigung der Vermessungsingenieure). Nach dem Zweiten Weltkrieg kann der DVW die Mitarbeit in der FIG durch die Ausrichtung des FIG-Kongresses 1971 in Wiesbaden (FIG-Präsident Prof. Dr. Heinz Draheim, Karlsruhe, siehe Mitt. 122) anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des DVW und 2006 in München (FIG-Präsident Prof. Dr. Holger Magel) verstärken, jeweils kombiniert mit dem Geodätentag. Im Jahr 2018 wurde Prof. Dr. Rudolf Staiger (Essen) als dritter Deutscher zum FIG-Präsidenten gewählt; seine Amtszeit ist leider geprägt durch die Corona-Einschränkungen.
Der Förderkreis Vermessungstechnisches Museum zeigt seit vielen Jahren Präsenz auf den Geodätentagen. In Zusammenarbeit mit dem „Verband Deutscher Vermessungsingenieure“ (VDV) betreiben engagierte Mitglieder Öffentlichkeitsarbeit für die Belange der Karten- und Vermessungsgeschichte (siehe Mitt. 678). Eine besondere Initiative betraf den XIII. FIG-Kongress und den Geodätentag 1971 in Wiesbaden mit der Ausstellung „5000 Jahre Vermessungswesen“, die bei den Fachkollegen großes Aufsehen erregte und die später zur „Schausammlung des Vermessungstechnischen Museums“ im Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund führte (siehe Mitt. 574). In den 2000er Jahre konnte der Förderkreis Vermessungstechnisches Museum seine zweijährigen Auszeichnungen des „Eratosthenes-Preises“ im Rahmen der Eröffnungsversammlungen der Geodätentage/INTERGEO vornehmen (siehe Mitt. 17).
Die Jahre des Ersten und Zweiten Weltkriegs brachten dem DVW erhebliche Einschränkungen, Kürzungen und Schwierigkeiten im innerdeutschen und internationalen Wirken als Berufsverband. Nach der Gründung der westdeutschen Bundesländer erweckte der DVW 1948 in Hannover zu neuem Leben. In der sowjetischen Zone, der späteren DDR, wurde der DVW nicht wiederbelebt; dort entstand die „Kammer der Technik“ (KdT). Nach der deutscher Einheit 1990 bildeten sich in den ostdeutschen Bundesländern neue DVW-Landesvereine. Der Zweck und die Ziele des DVW sind über die langen Jahre weitestgehend gleich geblieben; es geht um berufliche Themen, Situationen und Herausforderungen in der jeweiligen Zeit, jüngst um Fachprobleme der Geoinformation und des Landmanagements sowie um Strukturprobleme des Klimawandels, des Artenschutzes und der Energiewende. Dazu organisiert der DVW Kongresse, Fachausstellungen und Fortbildungsseminare (Wolfgang Torge: Geschichte der Geodäsie, 2009, S. 280-288; Hagen Graeff et al.: Geschichte des DVW e.V., ZfV-Hefte 1-6/2021; ZfV-Sonderheft 150 Jahre DVW).
Weitere Informationen zum DVW-Jubiläum gibt der Film "#NetzwerkDVW " unter: www.weltenvernetzen.dvw.de. Die Pressemitteilung des DVW mit Bildern zum Download findet man unter: https://dvw.de/dvw-aktuell/4561-150-jahre-dvw ; .
- Gründung der Askania Werke 1871 in Berlin
- WDR-ZeitZeichen zum metrischen System 1872